Radiogeschichten

"Knisternde Schädel" von Roger Van de Velde (Übersetzung: Annette Wunschel)
Es liest Stefan Suske

Der belgische Schriftsteller und Journalist Roger Van de Velde, Jahrgang 1925, befand sich aufgrund seiner Schmerzmittelsucht wiederholt in Entzugsanstalten und psychiatrischen Kliniken. Dort schrieb er Ende der 1960er Jahre heimlich - wegen des strengen Kontrollregimes - kurze Erzählungen, die seine Frau in Zigarettenpackungen versteckt herausschmuggelte und 1970 unter dem Titel "Knisternde Schädel" veröffentlichte.

Die "knisternden Schädel" in Roger Van de Veldes Erzählungen aus der Psychiatrie muss man wörtlich nehmen. Der Autor portraitiert Menschen mit verzerrter Weltwahrnehmung und eigenen verrückten Wirklichkeitsvorstellungen in einem Ambiente, wie man es auch aus Ken Keseys verfilmten Roman "Einer flog über das Kuckucksnest" kennt. Es ist die geschlossene Psychiatrische Abteilung, ein ständig beaufsichtigtes, weißgekacheltes Reich mit starren Regeln, in dem die Grenze zwischen Normalität und Wahnsinn aufgehoben scheint - zumindest für jenen Patienten, dessen Verstand funktioniert, der wie der Erzähler ein Suchtproblem hat, nur ein Suchtproblem, möchte man sagen, dessen Realitätswahrnehmung aber keineswegs getrübt ist.

So gelangen Roger Van de Velde verzweifelt-ironische Bestandsaufnahmen des psychiatrischen Alltags in den 1960er Jahren. Der übrigens in seinem Fall nicht fruchtete. Er selbst starb 1970 an einer Überdosis eines Opioids namens Palfium.

Service

Roger Van de Velde, "Knisternde Schädel", Übersetzung von Annette Wunschel, Suhrkamp Verlag

Sendereihe

Gestaltung

  • Peter Zimmermann

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