Auf der Suche nach Melodien
Ohrwurm-Jagd
Im Internet kann der geneigte User nicht nur nach Stichworten suchen. Auch nach Melodien, Rhythmen, Notenschnipseln und Gepfiffenem kann im Netz gefischt werden. Auf Musikwebsites wie midomi.com formiert sich eine sing- und suchfreudige Community.
8. April 2017, 21:58
Der Ohrwurm sitzt tief. Aus einem Film, aus der Werbung, aus dem Radio direkt in unsere Gehörgänge. Festgefressen. Er will nicht weg und das ärgert. Und was ist dieser Ohrwurm genau? Welches Stück? Welcher Komponist? Die vage Hoffnung: Vielleicht vertreibt ihn eine Antwort auf diese Fragen.
In solch heiklen Fällen versprechen Websites wie midomi.com Abhilfe. Und das geht so: Mikro an den Computer anschließen, "Start Voice Search anklicken und singen. Oder summen. Die Software von midomi vergleicht die Melodie mit anderen Melodien. Diese Datensätze stammen von registrierten Usern, die ihre Gesangskünste unter ihrem Profil abgespeichert haben. Das Ding ist also nur so schlau wie die User, die es füttern. Und so verlässlich wie die Intonationssicherheit derselben.
Populäres wird gefunden
Der oe1.ORF.at-Test beweist: populäre, einfache Melodien findet midomi. "Love me tender", vom Redakteur mit zitternder Stimme ins Mikro gehaucht - kein Problem. Schwieriger wird es mit Songs abseits der Hitparaden. Und klassische Musik ist zwar auch im Repertoire, aber nur in rudimentärem Ausmaß.
Interessant sind am Ergebnis höchstens die unerwarteten Verwandtschaften: "The River Won't Flow", gesungen von Jason Robert Brown, basiert offensichtlich auf ähnlichen Intervallverhältnissen wie Beethovens "Für Elise". Und das Thema von Beethovens "Fünfter" korrespondiert mit "Feed The Birds" von Julie Andrews.
Rhythmus-Suche
Ein etwas anderes System nutzt musipedia. Hier kann auch gesummt und gepfiffen werden, Melodien lassen sich allerdings auch - für intonationsschwache Sänger - auf einem virtuellen Keyboard eingeben. Zudem sucht musipedia auch nach Rhythmen.
Der Parsons-Code
Eine besonders gefinkelte Methode der Melodiesuche basiert auf Denys Parsons' Methode der Vereinfachung von Intervallverhältnissen. Der so genannte Parsons Code reduziert eine Melodie auf drei Eigenschaften. Geht die Melodie hinauf (U), hinunter (D) oder bleibt sie auf derselben Note (R)? Der Rhythmus wird ignoriert und man muss nicht einmal die richtigen Töne treffen.
Bleiben wir bei "Für Elise". Der Parsons-Code für den Beginn dieses Klavier-Klassikers lautet "DUDUDUDD". Als erstes Suchergebnis zeigt musipedia den siebenten Satz von Györgi Ligetis "Musica ricercata" an. Immerhin originell. Füttert man die Suchmaschine mit einem längeren Notencode der "Elise" - "DUDUDUDDDUUUDUUU" - ist das erste Suchergebnis in der Tat Beethovens Klavierstück. Faszinierend.
Fazit: Musik-Such-Seiten halten nicht immer das, was sie versprechen, Spaß machen sie allemal.