Forschen fast ohne Geldsorgen
Collegium Budapest
1992, drei Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde das Collegium Budapest als Stätte der theoretischen Forschung und des internationalen wissenschaftlichen Austausches gegründet. Thematisch wurde von Anfang an auf Vielfalt gesetzt.
8. April 2017, 21:58
Im alten Rathaus von Buda im Schlossbezirk, mit schönem Blick über die Donau auf die Stadt, ist vor 14 Jahren die Wissenschaft eingezogen. 1992, drei Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde das Collegium Budapest als Stätte der theoretischen Forschung und des internationalen wissenschaftlichen Austausches gegründet.
Die Initiative dazu kam vom Wissenschaftskolleg Berlin. Finanzielle Unterstützung kam von der ungarischen Akademie der Wissenschaften, dem ungarischen Wissenschaftsministerium, den Ländern Österreich, Deutschland, Schweiz, Frankreich und Niederlande, sowie einigen privaten Institutionen Westeuropas.
Thematische Vielfalt
Thematisch wurde von Anfang an auf Vielfalt gesetzt, die wissenschaftlichen Projekte reichen von Problemen des postkommunistischen Übergangs über Heiligenkult bis zur Frage, ob es Leben auf dem Mars gibt. Drei fixe Bereichsleiter garantieren eine Stabilität der Forschung - Gastwissenschafter, Studenten, Vortragende und Konferenzteilnehmer aus aller Herren Länder sorgen für einen regen und lebendigen internationalen Austausch.
Der theoretische Biologe Eörs Szathmary wurde durch seine Arbeiten zum Ursprung des Lebens bekannt. Er ist einer der drei permanenten Fellows, die zur Zeit am Collegium arbeiten. Hier hat er seine Forschungstätigkeit seinen breit gestreuten persönlichen Interessen entsprechend auf mehrere Projekte ausgeweitet.
Ein Projekt beschäftigt sich mit dem Ursprung des Lebens. Wie haben sich chemische Netzwerke zusammengefunden, sodass mit der Zeit daraus so etwas wie eine frühe Zelle entstanden ist? Ein zweites Projekt behandelt den Ursprung der Sprache, der ungefähr drei Milliarden Jahre nach dem Ursprung des Lebens stattgefunden hat. Das dritte Projekt beschäftigt sich mit der Astrobiologie, da geht es um die Möglichkeiten für Leben auf dem Mars.
Forschung ausschließlich am Computer
Die Forschung im Collegium Budapest findet zur Gänze auf dem Computer statt. Brauchen die Wissenschaftler für ihre Arbeit Laborexperimente, organisieren sie sich in internationalen Forschungskooperationen
Die internationalen Kooperationen entsprechen dem Gedanken, der ursprünglich hinter der Gründung des Collegiums Budapest stand. Die Idee wurde 1988 im Wissenschaftskolleg Berlin geboren mit dem Ziel, eine interdisziplinäre und international arbeitende Institution jenseits des noch bestehenden Eisernen Vorhangs zu schaffen.
Institute for Advanced Study
Das große Vorbild des Collegium Budapest, das Institute for Advanced Study in Princeton, bezeichnet das Gründungsmitglied des Collegium Budapest Janos Kornai als wissenschaftlichen Himmel - freies Denken, Lesen und Forschen, ohne Lehrverpflichtungen, ohne den Druck in vorgegebener Zeit irgendetwas bestimmtes zu produzieren, und vor allem, ohne ständig Anträge für Projektgelder zahlen zu müssen.
Diesen speziellen wissenschaftlichen Freiraum will das Collegium seit seiner Gründung vor allem Wissenschaftlern aus den Ländern des ehemaligen Ostblocks zu öffnen. Auch mit dem Ziel, dazu beizutragen, das Abwandern von Wissenschaftlern in den Westen einzudämmen.
Über die Jahre hat sich das Verhältnis Wissenschaftler aus Westeuropa und Wissenschaftler aus Mittel- und Osteuropa auch ohne strikte Quotenvorgaben auf etwa 50 zu 50 eingependelt.
Ohne Projektgelder geht es nicht
Das Ideal ohne Projektgelder auskommen zu können wird im Collegium Budapest seit einigen Jahren nicht mehr erfüllt. Denn die Notwendigkeit, Drittmittel einzuwerben hat auch hier stetig zugenommen.
Das Budget des Collegium Budapest wurde zu seiner Gründung 1992 von Ungarn, mehreren privaten Fonds und den Staaten Österreich, Deutschland, Frankreich, Schweiz und Niederlande bestritten. 2004 ist Deutschland mit dem Beitritt Ungarns zur Europäischen Union aus dem Fördererkreis ausgeschieden.
Hör.Tipp
Dimensionen, Dienstag, 24. Oktober 2006, 19:05 Uhr
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