Rückblick, Status quo und Ausblick

Die FPÖ einst und jetzt

Mit dem Innsbrucker Parteitag der FPÖ begann eine Entwicklung, die in der Innenpolitik keinen Stein auf dem anderen ließ: der steile Auf- und rasche Abstieg der "Haider-FPÖ". Ein historischer Rückblick mit einem kurzen Ausblick auf die kommenden Wahlen im Herbst.

Jörg Haider und andere nach Gründung des BZÖ

Die Freiheitliche Partei Österreichs hat heuer ihren 50. Geburtstag begangen - etwas zerüttet nach der Abspaltung des BZÖ. Das wiederum hat zu tun mit einem zweiten runden Jubiläum: dem Innsbrucker Parteitag 1986, der sich am 13.September zum zwanzigsten Mal jährt.

Damals wurde Jörg Haider zur prägenden innenpolitischen Figur und verhalf als Obmann der FPÖ zu einem Erfolg nach dem anderen. Heute sieht die Situation jedoch völlig anders aus, denn sein Nachfolger Heinz Christian Strache kämpft darum, bei der nächsten Wahl überhaupt in den Nationalrat zu kommen.

Von der Gründung bis zur Haider-FPÖ

50 Jahre ist es her, als vom ehemaligen NS-Politiker und SS-Offizier Anton Reinthaler eine kleine, national-orientierte Partei gegründet wurde, die vielen ehemaligen Nationalsozialisten eine politische Heimat bot. Diese Herkunft ist es, in der viele spätere Konflikte der FPÖ wurzeln. Der Reinthaler nachfolgende Parteiobmann Friedrich Peter - auch ehemaliger SS-Offizier - öffnet in der Folge die FPÖ für liberale Ideen und stützt 1970 mit seiner Partei die Minderheitsregierung Kreisky. Dessen Nachfolger Norbert Steger schließlich, FPÖ-Obmann ab 1980, versucht, die FPÖ ganz von einer nationalen zu einer liberalen Partei zu machen; er führt die FPÖ 1983 in eine Koalitionsregierung mit der SPÖ.

Mehr und mehr wird innerhalb der FPÖ Kritik am Regierungskurs laut. Vor allem der nationale Flügel sammelt sich um den Kärntner Landesparteiobmann Jörg Haider. Der geht in aktuellen politischen Fragen zunehmend auf Distanz zur Parteiführung, etwa beim Streit um den Handschlag eines FPÖ-Ministers mit einem Kriegsverbrecher. Haider droht mehrfach mit Parteiaustritt, tut es letztendlich aber nicht. Sein Streit mit Norbert Steger gipfelt im Innsbrucker Parteitag am 13. September 1986.

Der Aufstieg Haiders bis zur LIF-Abspaltung

Die Delegierten in Innsbruck stimmen schließlich für Jörg Haider. Daraufhin kündigt SPÖ-Bundeskanzler Franz Vranitzky die Koalition mit der FPÖ. Der neue Kurs von Jörg Haider bringt Wählerstimmen: Die FPÖ kommt in alle Landtage, in den Bundesrat, gewinnt Mandate im Nationalrat. 1989 wird Jörg Haider in Kärnten als erster FPÖ-Politiker Landeshauptmann. Mit seiner Kritik am Proporzsystem von SPÖ und ÖVP erreicht Haider in der Folge immer weitere Wählerschichten.

Der Umgang mit Zuwanderern wird Kernthema der FPÖ, mit Parolen wie "Österreich den Österreichern" oder "Österreich zuerst", so der Titel eines FPÖ- Volksbegehrens 1993, wird Populismus in Reinkultur betrieben. Das geht einem Teil der FPÖ zu weit: Fünf Abgeordnete um Heide Schmidt gründen eine neue Partei, das Liberale Forum.

Auch außerhalb stoßen die Themen und vor allem die Wortwahl Haiders im Zuammenhang mit Äußerungen über das "Dritte Reich" auf scharfe Kritik. Als Jörg Haider 1991 im Kärntner Landtag von "ordentlicher Beschäftigungspolitik" im "Dritten Reich" spricht, verliert er als Folge der Äußerung den Landeshauptmann-Sessel.

Dennoch gibt er seine umstrittenen Sprüche nicht auf, bezeichnet etwa 1995 im Parlament nationalsozialistische Konzentrationslager als "Straflager" und begrüßt in Krumpendorf ehemalige Kriegsteilnehmer, darunter solche der Waffen-SS, als wörtlich "Menschen mit Charakter, die ihrer Überzeugung treu geblieben sind".

Der Höhepunkt der Haider-FPÖ

Die Empörung, die Jörg Haider oft hervorruft, schadet der FPÖ aber nicht, weil sie für Aufmerksamkeit, für Schlagzeilen und Titelbilder sorgt. Die Folge: Die Freiheitlichen haben Zugewinne bei mehreren Landtagswahlen, in Kärnten wird die FPÖ stärkste Partei, und Haider wird wieder Landeshauptmann. Bei der Nationalratswahl 1999 schafft die FPÖ 27 Prozent und wird zweitstärkste Partei. In einer Koalition mit der ÖVP kommt die FPÖ in die Bundesregierung. Haider selbst überlässt aber den Posten des Vizekanzlers und des Parteichefs seiner langjährigen politischen Weggefährtin Susanne Riess-Passer.

Die jahrelange Aufmerksamkeit der Medien für die FPÖ zeigt aber zusehends auch andere Folgen: Die Partei, ihre Haltung zu Ausländern, die Aussprüche Haiders und das umstrittene Verhältnis zur NS-Geschichte werden auch im Ausland bekannt, und manche fürchten ein rechtsextremes Regime in Österreich. Der Kontakt zur Bundesregierung wird daher auf das Nötigste beschränkt. Tiefpunkt der Vorbehalte, die man Österreich macht, sind die so genannten EU-Sanktionen.

Der freie Fall der Haider-FPÖ

Als die Österreich-Sanktionen enden, beruhigt sich die Stimmung im Ausland und in Österreich; nicht aber in der FPÖ. Seit dem Platz in der Regierung sinken Wahlergebnisse und Umfragewerte. Es folgt ein innerparteilicher Streit über den richtigen Kurs. Haider - obwohl nicht mehr Parteichef - hat weiter großen Einfluss und macht es der Regierungsmannschaft nicht leicht - etwa mit seiner Kritik am Eurofighter, an der EU-Erweiterung oder mit seinem Besuch beim irakischen Diktator Saddam Hussein im Jahr 2002.

Die Parteispitze um Riess-Passer löst sich zunehmend vom Einfluss Haiders. Haider lässt einen Parteitag zur Steuerreform vorbereiten. Es folgt das Treffen in Knittelfeld im September 2002, bei dem Riess-Passer die Konsequenzen zieht und zurücktritt. Klubobmann Westenthaler und Finanzminister Grasser folgen ihr, Neuwahlen sind die Folge. Sie bringen im November 2002 den Absturz der FPÖ auf zehn Prozent. Die Partei bleibt in der Regierung, stellt aber weniger Minister und Abgeordnete.

Die Gründung des BZÖ

Die Parteichefs wechseln nun rasch: Auf Riess-Passer folgen Mathias Reichhold, Herbert Haupt und Ursula Haubner, die Schwester Jörg Haiders. Der Vizekanzlerposten wandert zuerst zu Herbert Haupt und kurz darauf zu Hubert Gorbach. Den steilsten Absturz der FPÖ gibt es dann bei den Wahlen zum Europaparlament 2004 auf nur noch sechs Prozent. Der folgende Streit um das einzige EU-Mandat - es geht an Andreas Mölzer - heizt den innerparteilichen Konflikt weiter an. Mölzer, Volksanwalt Ewald Stadler und der Wiener FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gehen auf Konfrontation.

Die Parteiführung reagiert mit der Gründung einer neuen Partei im April 2005, dem BZÖ - dem Bündnis Zukunft Österreich. Parteichefin Haubner, alle FPÖ-Regierungsmitglieder und die meisten Nationalratsabgeordneten treten zum BZÖ über. Haider macht die Ankündigungen vergangener Jahre, der FPÖ den Rücken zu kehren, nun wahr. Die FPÖ ist nun nicht mehr in der Bundesregierung und hat, nach einer Zeit der Unklarheit, wer bei der FPÖ bleibt und wer zum BZÖ wechselt, nur noch zwei Mandate im Nationalrat.

Wer ist das Original?

Der Wiener FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wird zum neuen FPÖ-Obmann. Gestritten wird seither zwischen FPÖ und BZÖ ums Geld und um die Schulden, um einen Platz in der Bundeswahlbehörde und am Stimmzettel - sogar um die Parteifarbe und den Parteinamen: Auch das BZÖ mit dem in die Politik zurückgekehrten Peter Westenthaler als Obmann setzt inzwischen wieder auf die Farbe Blau und den Namen "Die Freiheitlichen" mit dem Zusatz "Das Original". Die FPÖ kontert mit "Echt freiheitlich - wir sind das Original". Haider, der solange die Partei dominiert hat, tituliert den neuen FPÖ-Chef als Verräter. Strache setzt seither auf die traditionellen FPÖ-Themen: Ausländer und Zuwanderung. Für die Wiener Wahl 2005 lässt er plakatieren: "Wien darf nicht Istanbul werden" oder "Deutsch statt nix verstehn".

Trotz der zahlreichen Turbulenzen innerhalb der FPÖ bleibt die Partei ein politischer Faktor: In Wien kommt sie auf 15 Prozent. Ein EU-kritisches Volksbegehren unter dem Titel "Österreich bleib frei" erreicht im März 2006 260.000 Unterschriften. Im derzeitigen Wahlkampf schließen sowohl FPÖ als auch BZÖ eine Wiedervereinigung der Freiheitlichen rigoros ab. Ob diese von beiden Seiten ablehnenden Haltungen auch nach den Wahlen am 1. Oktober aufrecht bleiben werden, bleibt abzuwarten.

Hör-Tipp
Journal-Panorama, Montag, 28. August 2006, 18:25 Uhr

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Links
Kärnten. Wir sind Wir - Weblog Jörg Haider
Heinz Christian Strache
FPÖ - Freiheitliche Partei Österreich
BZÖ - Bündnis Zukunft Österreich