Kolumne von Janko Röttgers

Eine neue Studentenbewegung

An US-amerikanischen Universitäten ist eine Bewegung entstanden, die so gar nichts mit dem klassischen Studenten-Aktivismus gemein zu haben scheint. Freeculture.org setzt sich für liberale Urheberrechte und gegen Kopierschutz-Technologien ein.

Freeculture.org wurde im Frühjahr 2004 am Swarthmore College in Pennsylvania gegründet. Mittlerweile gibt es Ableger an mehr als 30 US-Universitäten sowie in Peru, Südafrika und Brasilien.

Inspiriert von Lawrence Lessig

Free Culture-Direktorin Elizabeth Stark zu den Wurzeln der Organisation: "Der berühmte Stanforder Jura-Professor Lawrence Lessig schrieb vor zwei Jahren ein Buch mit dem Titel 'Free Culture'. Das war gewissermaßen die Inspiration für unsere Bewegung."

Lessig ist im Netz auch als Gründer der Urheberrechts-Organisation Creative Commons bekannt. Die Freeculture-Aktivisten arbeiten eng mit Creative Commons zusammen und versuchen, die Lizenzen der Organisation im universitären Rahmen bekannter zu machen. "Wir glauben, dass wir durch die Nutzung von Creative-Commons-Lizenzen eine lebendigere Kultur erschaffen können", meint Stark.

IPod statt Ideologie

Dass Studenten sich für Urheberrechtsproblematiken interessieren ist ein neues Phänomen. Erst seit den Auseinandersetzungen um Napster und seine Nachfolger sind Fragen des geistigen Eigentums im Campus-Alltagsleben präsent.

Besonders deutlich sei dieser Umbruch bei der jüngeren Generation, glaubt Stark. "Das sind Leute, die mit dem Internet aufgewachsen sind. Es ist für sie etwas völlig natürliches."

Mit dem wachsenden Interesse an Copyright und freier Software sinkt jedoch möglicherweise auch die Bereitschaft, sich für andere Dinge einzusetzen. Stark dazu: "Ich glaube, dass Leuten derzeit nun mal ihr iPod am Herzen liegt." Schlimm findet sie das nicht. Wer sich für liberalere Urheberrechte einsetze, verfolge damit auch politische Ziele.

Mit dem klassischen Links-Rechts-Denken lassen sich Bewegungen wie die der Free Culture-Aktivisten jedoch nur unzureichend beschreiben. "Wir sind eine überparteiliche Gruppe", weiß Stark zu berichten. "Wir sind stolz darauf, Leute mit allen möglichen politischen Ansichten zusammenzubringen."

Janko Röttgers ist Mitarbeiter der Ö1 Redaktion matrix. Der freie Journalist mit Wohnsitz in Los Angeles berichtet für deutschsprachige Medien über Technologie- und Wirtschaftsthemen. Er ist Autor des 2003 im Telepolis Verlag erschienenen Buches "Mix, Burn & R.I.P. - Das Ende der Musikindustrie", 2001 gab er gemeinsam mit Armin Medosch "Netzpiraten - Die Kultur des elektronischen Verbrechens" heraus.

Hör-Tipp
Matrix, Sonntag, 18. Juni 2006, 22:30 Uhr

Download-Tipp
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Link
Free Culture

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