Eine Linzer Lehrergemeinschaft und ihre Ziele

Salam - Grüß Gott

Für religiösen Fanatismus, der oft auch sozial bedingt ist, gibt es in Österreich praktisch keinen Nährboden. Der Dialog der Religionen und Kulturen wird auf Basis der Gesetze der Republik kultiviert und respektvoll auf gleicher Augenhöhe geführt.

Meinungen über die Initiativen der ARGE

"Am Anfang gab es zwei getrennte Lager; hier die Katholiken und die Protestanten, dort die Muslime“, erzählt Thomas Schlager-Weidinger von den Anfängen der Arbeitsgruppe "Salam - Grüß Gott“. "Im Laufe der Zeit ist eine sehr interessante und sehr anregende Diskussion zwischen uns entstanden.“

Klima des Vertrauens und der Toleranz

“Salam - Grüß Gott“ wurde unter dem Eindruck der Anschläge vom 11. September 2001 in New York gegründet. Ziel der Arbeitsgemeinschaft christlich-muslimischer Religionslehrer in Oberösterreich ist ein verstärkter Dialog zwischen beiden Religionen. Gegenseitiges Kennenlernen und Anerkennen sollen ein Klima des Vertrauens und der Toleranz schaffen.

Sonderfall Österreich

Das Verhältnis zwischen Muslimen und Christen hat sich weltweit dramatisch verschlechtert. In Österreich ist die Ausgangslage - historisch bedingt - jedoch anders. Muslime sind bei uns im Gegensatz zu den meisten Ländern Europas seit den Tagen der Monarchie eine staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft. Der Dialog der Religionen und Kulturen wird daher kultiviert und respektvoll geführt.

"Salam - Grüß Gott“ - die Arbeitsgemeinschaft christlicher und muslimischer Religionslehrer des Religionspädagogischen Instituts in Linz - ist ein positives Beispiel dafür. Sie setzt konkrete Aktionen wie etwa wechselseitige Besuche in Kirchen und Moscheen, interreligiöse und interkulturelle Projekttage oder gemeinsam gestaltete Feiern: "Die muslimischen Kinder müssen in einem christlichen Umfeld viel erklärt bekommen, dann ist zum Beispiel ein Kreuz im Klassenraum überhaupt kein Problem“, sagt Religionslehrer Erwin Mohammed Osman, ein Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft. Es gehe um eine andere Sichtweise, sonst würden vorgefertigte Meinungen weitergegeben.

55.000 Muslime in Oberösterreich

In Oberösterreich leben mehr als 55.000 Muslime; das sind mehr als sechs Prozent der Bevölkerung. Die meisten kommen aus dem ehemaligen Jugoslawien, aus dem Gebiet von Bosnien-Herzegowina. Sie haben viele Kinder. Ein Großteil davon wurde in Österreich geboren und besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft.

"Vorurteile gehören einfach zum Menschen“, meint Erwin Mohammed Osman. Sein Vater kommt aus Ägypten, seine Mutter stammt aus dem Mühlviertel. Er hat Vorurteile und Rassismus am eigenen Leib erlebt und sagt: "Ich hatte das Glück, beide Kulturen kennen zu lernen und in beiden Traditionen aufzuwachsen. Vermittlung ist deshalb meine Aufgabe“.

Reaktionen nach einem Moschee-Besuch

Begegnungen zwischen den Religionen und wechselseitige Besuche in Moscheen oder Kirchen sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einem besseren Kennenlernen. Christliche Schüler der 3. Klasse einer Linzer Hauptschule haben erst vor kurzem - zusammen mit ihrer Religionslehrerin - eine Moschee im Linzer Stadtteil "Neue Welt" besucht, um einmal eine Moschee von innen zu sehen. Der Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft und muslimische Religionslehrer Erwin Mohammed Osman musste danach viele Fragen beantworten, denn die Kinder waren beeindruckt:

"Ich hab mir das ganz anders vorgestellt - in so einer riesigen Kuppel“, sagt David und Theresa ist froh, überhaupt einmal eine Moschee von innen gesehen und beim Beten zugehört und zugeschaut zu haben. "Ich glaube, dass ich Muslimen gegenüber in Zukunft offener gegenüber sein werde“, sagt Bernhard, "weil ich jetzt einfach mehr über sie weiߓ.

Streitfälle bleiben nicht aus

Das Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen ist trotz zahlreicher Initiativen auch in Oberösterreich nicht immer einfach. Vor allem in Städten wie Linz, Traun oder Wels, wo ein hoher muslimischer Bevölkerungsanteil vorherrscht, kommt es immer wieder zu Spannungen. Aus jüngster Zeit sind zwei Streitfälle in Erinnerung: Der eine war der Kopftuch-Streit an der Linzer Otto-Glöckelschule, der andere das Verbot von separaten Bade-Abenden für muslimische Frauen im Hallenbad in Ried im Innkreis.

In der Otto-Glöckl-Integrations-Volksschule haben drei Viertel der Kinder nicht Deutsch als Muttersprache. Drei muslimische Väter hatten verlangt, dass die Direktorin und alle Lehrerinnen Kopftücher tragen sollten. In Ried im Innkreis hatte der Pächter des dortigen Hallenbades muslimischen Frauen das Bad im Anschluss an den regulären Betrieb am Abend exklusiv überlassen. Denn muslimischen Frauen ist es nicht erlaubt, gemeinsam mit Männern zu baden. Massive Interventionen haben diese Abende beendet.

Wichtige Multiplikatoren

Die Arbeitsgemeinschaft christlich-muslimischer Religionslehrer hat sich in beiden Konflikten, aber auch im Karikaturenstreit als angesehener Vermittler einen Namen gemacht. Sie will sich auch künftig verstärkt um einen Dialog zwischen beiden Religionen bemühenfür den Dialog zwischen den Religionen einsetzen.

Dass ihre bisherigen Initiativen von Erfolg gekrönt sind, hat die ARGE jedenfalls bereits bewiesen. Mittlerweile nehmen katholische, evangelische und muslimische Religionslehrer aus ganz Oberösterreich an ihren Veranstaltungen teil. Sie sind wichtige Multiplikatoren.

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Tao, Donnerstag, 25. Mai 2006, 19:05 Uhr

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RPI Linz