40. Todestag Tito Schipas, "Lustige Witwe" wird 100

Tito Schipa, der "größte Sänger"

Er zählt zu den bedeutendsten Sängern des 20. Jahrhunderts: der italienische Tenor Tito Schipa, dessen internationale Karriere über 50 Jahre dauerte. Und eine flotte, höchst erfolgreiche Dame feiert ihr Jubiläum: Lehars "Lustige Witwe" wird 100.

"Ich bin kein Tenor, sondern einfach ein Mann, der als Tenor singt": So hat sich Tito Schipa einmal selbst charakterisiert. Und tatsächlich ist seine Karriere ein guter Beweis dafür, dass man sich auch ohne große oder besonders schöne Stimmmittel einen sicheren Platz in der ersten Reihe des Sänger-Olymps sichern kann - vorausgesetzt man investiert Fleiß und Ausdauer und verfügt darüber hinaus über eine angeborene Intelligenz und Musikalität. Dann braucht es nicht einmal eine optisch blendende Erscheinung, um selbst breiteste Kreise ansprechen zu können, was Tito Schipa vor allem mit seinen Platten und Filmen gelungen ist.

Wofür er vor allem auch von seinen größten Kollegen und Konkurrenten ganz besonders bewundert wurde, waren Stilsicherheit, Eleganz, feinste Ausdrucksnuancen und ein außerordentlicher musikalischer Geschmack. Auf diese Säulen stützte sich auch seine mehr als ein halbes Jahrhundert dauernde Karriere, die er 1909 in Vercelli als Alfredo in Verdis "La Traviata" begonnen hatte. Vor 40 Jahren, am 16. Dezember 1965, ist Tito Schipa in New York, wo er seine letzten Lebensjahre verbrachte, gestorben.

Ein "Tenore die grazia"

Vom Stimmtypus her zählt Schipa, wie der italienische Stimmexperte Rodolfo Celetti festhielt, in die Kategorie der "Tenori di grazia". Allgemein galt er immer als der Belcanto-Tenor seiner Zeit - eine Bezeichnung, die allerdings nur dann zutrifft, wenn man den Terminus nicht streng in seinem klassischen Sinn auslegt, denn die echten Belcanto-Opern waren während Schipas Wirkungszeit eher in Vergessenheit geraten.

Damals war die Hochblüte des Verismo und Schipa musste sich zwangsläufig daher auch in diesem Fach behaupten. Dennoch, wie er selbst 1962 in einem Interview mit Francis Robinson, dem Pressechef der Met, erzählte, hat er nie forciert und nie über sein Fach gesungen. Und diese Einstellung war wohl das Geheimnis von Tito Schipas langer Karriere.

Platten-Karriere ab 1913

Begonnen hat Schipas Plattenkarriere im Jahr 1913. Allerdings gibt es nur eine einzige offizielle Gesamtaufnahme, in der er mitwirkte: Donizettis "Don Pasquale", der im Herbst 1932 mit dem Orchester der Mailänder Scala unter Carlo Sabajno entstanden und bis heute eine Maßstab setzende Einspielung geblieben ist.

Aufgewachsen in Apulien

Geboren wurde Tito Schipa in Lecce, in Apulien, in den letzten Tagen des Jahres 1888, wenngleich sein Geburtsschein das Datum 2. Jänner 1889 ausweist. Aber angeblich geschah das als kleiner Trick seines Vaters in Hinblick auf den künftigen Militärdienst. Die musikalische Ausbildung erhielt er in seiner Heimatstadt und danach in Mailand. Nach intensiven Studien schloss Schipa neben Gesang auch mit Diplomen für Klavierspiel und Komposition ab.

Bereits 1913 debütierte er am Teatro Colon von Buenos Aires, sein Debüt an der Mailander Scala fand in der Saison 1915/16 statt - und kurioserweise als Wladimir in Borodins "Fürst Igor". Ab 1919 war er ständig in Chicago erfolgreich tätig, ab 1924 in San Francisco. Sein Met-Debüt fand allerdings erst 1932 statt. In jenem Jahr gab er auch sein einziges Gastspiel an der Wiener Staatsoper.

Auch ein gefragter Konzertsänger

Über mangelnde Einladungen konnte sich Tito Schipa bis in seine späten Lebensjahre nicht beklagen und sein Auftrittsverzeichnis kommt einem umfangreichen Reiseführer gleich: Von Australien bis Israel reichte sein künstlerischer Wirkungskreis.

Tamino als letzte Opern-Partie

Schipas letzte Opern-Partie, die er einstudierte, war der Tamino in Mozarts "Zauberflöte", 1937 unter Tullio Serafin in Rom. Leider gibt es davon kein Tondokument.

Der Ottavio aus "Don Giovanni", den er zwischen 1926 und 1949 wiederholt gesungen hat, ist auf Platte dokumentiert.

"Der größte Sänger"

Tito Schipas Sohn hat über seinen Vater einmal gemeint, er wäre zweifellos nicht der größte Tenor der Geschichte gewesen, aber mit Sicherheit der größte Sänger. Ich möchte das ergänzen: Tito Schipa war vor allem ein ganz großer Künstler, ein überragender Musiker.

Er hat auch komponiert, dirigiert, schrieb unzählige Lieder, eine Messe sowie eine Operette: "La Principessa Liana", in der er zwar nie aufgetreten ist, die er aber 1935/36 dirigiert hat. Eine Nummer aus diesem Werk hat Schipa allerdings auf Platte aufgenommen.

Lehars "Lustige Witwe" wird 100

Am 30. Dezember feiert eine der erfolgreichsten Operetten ihr 100-Jahre-Jubiläum: Franz Lehars "Lustige Witwe", die 1905 im Theater an der Wien uraufgeführt wurde.

Louis Treumann, der erste Danilo und ein Wiener Original jüdischer Abstammung, kam 1944 im KZ Theresienstadt um. Die erste Hanna Glawari war die aus Schlesien stammende Mizzi Günther, eine der gefeierten Wiener Operetten-Diven.

Von Opern-Stars bis singenden Schauspielern

Die beiden Protagonisten der Uraufführung fanden unzählige Nachfolger in aller Welt: von operettenbegeisterten Opern-Stars bis zu singenden Schauspielern. So sang das berühmte Vilja-Lied aus dem Lehar-Hit u. a. die italo-amerikanische Opern-Primadonna Dusolina Giannini, Richard Tauber, Lehars großem Tenorstar der 1920er und frühen 1930er Jahre, sowie Zarah Leander.

Unvergleichliche Fritzi Massary

Für die in vielerlei Hinsicht unvergleichliche, hocherotische Fritzi Massary hat Lehar selbst eine ganz auf sie zugeschnittene Fassung der "Lustigen Witwe" erstellt - und den "Weiber-" in einen "Männer-Marsch" umgewandelt.

Johannes Heesters, lebende Legende

Zu den Höhepunkten jeder "Witwen"-Aufführung gehört die Erzählung von den Königskindern. Und auch hier gibt es ein unerreichbares Vorbild: Johannes Heesters, eine lebende Legende und inzwischen bereits zwei Jahre älter als das Werk selbst.

Burg-Doyen Liewehr als Danilo

Ein einst prominenter Wiener Danilo war der leider schon verstorbene Fred Liewehr, der diese Rolle 1958 zusammen mit Herta Talmar beim WDR in Köln dokumentiert hat.