Konservatorium-Wien-Privatuniversität-Leiter in Ö1

Ranko Markovic zu Gast

Er ist seit fünf Jahren Leiter des Konservatorium Wien und hat das Haus für den Status einer Privatuniversität, das es seit Juni ist, reformiert: Ranko Markovic. Der gebürtige Zagreber, Jahrgang 1957, ist ausgebildeter Pianist mit pädagogischer Erfahrung.

R. Markovic im Gespräch mit oe1.ORF.at über die Kunst-Unis

"Die Vorteile der Universität sind vor allem Vorteile für die Studierenden. Sie können nun mit einem Bachelor of Arts oder einem Master of Arts abschließen. Das besonders Wichtige ist aber, dass die Institution der Universität Teil der internationalen Gemeinschaft der Kunst-Universitäten ist und somit alle Vorteile aus Mobilitäts-, europäischen Förderprogrammen und Kooperationen genützt werden können, die davor nur sehr schwer realisierbar waren. Ich sehe den Vorteil für die Studierenden darin, dass sie nun in einem internationalen Kontext eingebunden sind und für die Absolventen liegt er in der weltweit klar zertifizierten Wertigkeit ihrer Abschlüsse", erklärt Ranko Markovic, künstlerisch-pädagogischer Leiter des Konservatorium Wien, das seit vergangenem Juni für fünf Jahre als Privat-Universität akkreditiert ist.

Bereits im September des Vorjahres wurde das Konservatorium aus dem Verbund der Musiklehranstalten der Stadt Wien ausgegliedert und als eigene GmbH weiter betrieben. 96 Prozent des Budgets werden weiterhin von der Stadt finanziert. Die beiden Geschäftsführer der GmbH, Ranko Markovic und Gottfried Eisl, führen als künstlerisch-pädagogischer und kaufmännischer Leiter die Universität. Rektor gäbe es keinen, da man sich bewusst von der Hierarchie traditioneller akademischer Institutionen unterscheiden wolle, so Markovic, der diesmal im Ö1 Klassik-Treffpunkt bei Haide Tenner zu Gast ist. Angeboten werden am Konservatorium Studiengänge in zwölf Abteilungen in den Bereichen Musik, Gesang, Tanz und Schauspiel. Rund 250 Lehrende unterrichten etwa 900 Studierende. Man rechnet mit 150 Absolventen pro Jahr.

Reformen als Basis

"Aus einem Institut, das eine breite Palette von Laien-Musizieren, Selbstverwirklichung und Hochbegabten-Förderung angeboten hat, sind die ersten beiden Bereiche weggefallen. Das kann man nun unterschiedlich werten - aus meiner Sicht war das die einzige Möglichkeit, hier auf klaren Kurs zu kommen. Ich denke, dass es auch für die Studierenden und Absolventen sehr viel geholfen hat, dass dieser Schritt stattgefunden hat", erläutert der künstlerische Leiter die Reform.

"Wir haben zunehmend eine Klärung innerhalb des Lehrkörpers und innerhalb der Studentenschaft, wozu wir da sind. Und das bewirkt natürlich insgesamt eine enorme Beschleunigung im Sinne zeitgemäßer Inhalte und Methoden, aber auch im Sinne der Zieldefinition. War es früher durchaus so, dass man zwischen sehr leistungsstark und ganz nett gelebt hat, ist heute klar, dass man ohne Leistungsstärke an dieser Schule nicht studieren kann."

Kunst-gemäße Strukturen

Als großen Vorteil sieht der Leiter, dass die Institution als Privatuniversität nicht dem Universitätsorganisationsgesetz unterliegt und daher die Strukturen nicht vorgeschrieben sind:

"Wir haben nicht die Strukturen der öffentlich-rechtlichen Unis kopiert, sondern versucht, eine Struktur zu schaffen, die einerseits der Genesis der Institution Rechnung trägt, andererseits aber versucht, jene Probleme, die wir anderswo beobachtet haben, im Vorfeld zu lösen. Unsere Vision ist es, die Struktur einer Kunst-Universität der Kunst anzupassen - und nicht umgekehrt. Kunst ist einerseits elitär, aber nicht im Sinne einer Hierarchie, sondern einer Widmung. Wenn sich hier also sehr viele Menschen einem Ziel verschreiben, macht es keinen Sinn, sie einzuteilen in Rektoren, Institutsdekane, ordentliche und nicht-ordentliche Universitätsprofessoren. Wir wollen, vergleichbar einem Wirtschafts-Unternehmen, flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege und verzahnte Gremien schaffen."

Spezialitäten Tanz, Musical und Alte Musik

"Natürlich sind jene Studienrichtungen, die woanders nicht angeboten werden, für uns ganz wichtig: Also Tanz, sowohl Ballett als auch zeitgenössischer Tanz, oder die Interpretation Alter Musik auf historischen Instrumenten, wo wir ein Bachelor- und Master-Studium anbieten. Das ist ein mutiger Ansatz, weil es dafür nicht soviel Nachfrage gibt. Trotzdem glauben wir, dass es ein wichtiger Punkt in unserem Angebot ist", verweist Markovic auf Spezifisches seines Hauses hin.

"Wir sind aber auch bekannt dafür, im Bereich des Musicals sehr erfolgreich zu sein - und das bezieht sich bei uns auf musikalisches Unterhaltungstheater im weitesten Sinn. Viele bekannte Kabarettisten, Schlagersänger sind aus dieser Schule hervorgegangen. Es gibt um das Musik-, Sprech- und Tanz-Theater unglaublich viele Verknüpfungen. Und wir verstehen uns auch als sehr offene Institution."

Beliebter Kooperationspartner

Das Konservatorium Wien Privatuniversität ist inzwischen aber auch ein sehr beliebter Partner für Wiener Kultur-Institutionen, wie Markovic an einem aktuellem Beispiel erläutert:

"Im Dezember werden wir Brechts 'Kaukasischen Kreidekreis' in der Originalmusik von Paul Dessau in einer Kooperation mit dem Schauspielhaus zeigen. Diese Kooperation besteht darin, dass alle Schauspiel-Rollen von Schauspiel-Studenten besetzt sein werden, die Musiker sind unsere Studenten. Das ist für mich ein wunderbares Beispiel, wie die Künste zusammenkommen. Die eigentliche Chance für die Zukunft des Instituts sehe ich in einer vernünftigen, angemessenen Interaktion zwischen Theater und Konzertsaal."

Cross-Over-Besetzungen

Ganz wichtig sind dem künstlerisch-pädagogischen Leiter natürlich die Besetzungen der Lehrerinnen und Lehrer, die im Sinne europäischer Qualitätskriterien und der strategischen Ausrichtung erfolgen: "Es geht nicht darum, immer kurzfristig den Bestgeeigneten für eine Stelle zu finden, sondern für die Entwicklung des Hauses, für ein bestimmtes Fach."

"Wir trachten gerade für den Bereich der Abteilungsvorstände, die eine ganz wichtige Funktion haben, Menschen mit einem breiten künstlerischen Horizont zu finden. Wir haben bei der Nachfolge der so prominent besetzten Bereiche wie mit Elfriede Ott im Schauspiel oder Robert Opratko im Musical-Fach auf den ersten Blick überraschende Lösungen präsentiert: So ist der Nicht-Musiker Erhard Pauer Vorstand der Abteilung für musikalisches Unterhaltungstheater. Und Tim Kramer, der als Tänzer begonnen hat, ist Leiter der Abteilung Schauspiel. Ich kann bestätigen, dass sich diese Entscheidungen nach einem Jahr Erfahrung als sehr gut bewährt haben."

Unverzichtbare Identität als Künstler

Auf die Frage, warum ein ausgebildeter Konzertpianist sich für eine Manager-Funktion entscheidet, beantwort Ranko Markovic folgendermaßen:

"Wenn man sich für diese Arbeit entscheidet, weiß man ja, worauf man sich einlässt. Ich mache diese Arbeit nun seit sechs Jahren und kann inzwischen gut beurteilen, was es für mich als Künstler bedeutet. Zum einen ist es so, dass ich zum Glück gesund bin und es mir gelingt, neben meiner Manager-Tätigkeit eine kleine Identität als konzertierender Künstler aufrecht zu erhalten. So habe ich heuer Konzerte in England und China gegeben und CDs produziert. Die Identität des Künstlers ist unverzichtbar - ich muss diese Identität leben. Ich könnte nicht den Job des Kunstbildungsmanagers ausüben, wenn ich nicht auch künstlerisch aktiv wäre. Andererseits glaube ich aber, dass diese Tätigkeit durchaus auch eine künstlerische ist - insbesondere dann, wenn man über eine solche Struktur verfügen kann, wo meine künstlerischen Fähigkeiten und meine pädagogische Erfahrung so stark wirksam sein können, wie das im Konservatorium Wien Privatuniversität der Fall ist."

Ö1 Talentebörse

Anlässlich der Aufnahme des Konservatorium Wien Privatuniversität in die Ö1 Talentebörse repräsentiert der junge Tänzer Florian Berger das erste Nachwuchstalent dieser Institution.

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CD der Woche
Sergej Rachmaninow, Klavierkonzerte 1 und 2, Leif Ove Andsnes, Antonio Pappano, EMI

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