Kärntner Geschichte

Denk mal Partisanen

Die slowenischen Partisanen haben innerhalb des Deutschen Reiches bewaffneten Widerstand gegen das NS-Regime geleistet. Der Kampf um die "richtige" Erinnerung an Nationalsozialismus und Krieg prägte in Kärnten nachhaltig die politische Landschaft.

Die ehemaligen Feinde stehen sich laut der These der Historikerin Lisa Rettl auf dem Feld der Erinnerung nach wie vor gegenüber: "Heimattreue Deutschkärntner" versus antifaschistische, kärntner-slowenische Partisanen. Die Erinnerungstraditionen der Partisanen waren oftmals Übergriffen und Schmähungen ausgesetzt oder wurden gesprengt.

Versteckte Erinnerung

Am Ortsende von Eisenkappel weist ein Schild zum Persman-Hof in Leppen. In der Abgeschiedenheit fällt sofort eine imposante, bronzefarbene Skulptur, die neben dem Haus steht und drei vorwärts stürmende Partisanen zeigt, ins Auge.

Erst beim Näher kommen sieht man, dass dieses Denkmal eigentlich nie für diesen Ort gemacht wurde. Erst aus der Inschrift erschließt sich, worum es hier eigentlich geht, nicht um Heldenkampf, nicht um Glorie des Widerstandes, sondern eigentlich um das Denkmal selbst und um seine Geschichte.

Streit um Identität

Das Auseinanderklaffen von Form, Inschrift und Ort des Denkmales ermöglichten es der Historikerin Lisa Rettl, den Spuren des Widerstandsgedächtnisses in Kärnten nachzugehen.

Ihre These ist, dass die Skulptur nicht bloß ein Erinnerungszeichen an den Partisanenkampf gegen das NS-Regime ist, sondern dass sich aus der Geschichte des Denkmals der Kampf um Erinnerung entziffern lässt, der in Kärnten nach dem Mai 1945 einsetzt. Im Denkmal hat sich der Streit um die Identität und die Rechte der Kärntner Slowenen verdichtet.

Subjektives Geschichtsempfinden

Errichtet wurde das Denkmal im Jahr 1947 in Völkermarkt, an der Stelle, wo ein Jahr zuvor 83 Partisanen bestattet wurden. Im Geschichtsbewusstsein Kärntens dominiert im Zusammenhang mit den Partisanen allerdings nicht ihr Widerstand gegen das NS-Regime, sondern die Rede von den "Verschleppungen heimattreuer Kärntner".


Die Historikerin Brigitte Entner geht davon aus, dass in Kärnten und den ehemals angeschlossenen Gebieten in den Tagen nach dem 8. Mai 1945 295 Personen von der jugoslawischen Armee verhaftet wurden. Die meisten kamen bald wieder frei, 96 von ihnen fielen allerdings in Slowenien Exekutionen zum Opfer.

Unter den Verhafteten befanden sich zu einem großen Teil Nationalsozialisten oder Personen, die zur Unterdrückung der Slowenen beigetragen haben. Während viele Verhaftungen durchaus im Rahmen der Legalität erfolgten, haben die außergerichtlichen Hinrichtungen diesen Rahm überschritten.

Unklare Sachlage

Inwieweit Kärntner Partisanen beteiligt waren, ist noch unklar. Unmittelbar nach 1945 wurde jedenfalls kein Zusammenhang zwischen Kärntner Partisanen und den Verschleppungen hergestellt. Erst ab 1947 tauchten in der deutschnationalen Publizistik entsprechende Vorwürfe auf.

Zu diesem Zeitpunkt begann aber auch der Kampf gegen das 1945 eingerichtete zweisprachige Schulwesen. Die Partisanen aus Kärnten pauschal als Verbrecher zu diffamieren, wurde nach Ansicht von Brigitte Entner zu einer Möglichkeit, die Rechte der Slowenen zu entlegitimieren. Auch Partisanengräber- und Denkmäler blieben nicht unbeschadet. In der Nacht zum 11. September 1953 wurde das Denkmal in Völkermarkt gesprengt.

Kampf um die Wiedererrichtung des Denkmals

Der Partisanenverband forderte die Bundesregierung auf, das Denkmal originalgetreu wiederzuerrichten. Doch lange Zeit vergeblich. 1955 wurde der Staatsvertrag abgeschlossen, der Österreich im Artikel 19 auch dazu verpflichtete, alle Gräber und Denkmäler zu achten, schützen und zu erhalten, die in Erinnerung an jene errichtet wurden, die sich mit Deutschland in Kriegszustand befanden.

An der Wiedererrichtung führte also kein Weg vorbei. Was aber verweigert wurde, war die Rekonstruktion der Partisanenfiguren. Sie wurden durch eine Opferschale ersetzt.

Der Partisanenverband fand sich zwar mit diesem Kompromiss ab, die Opferschale wurde aber als Zeichen einer neuerlichen Niederlage empfunden. Als der Partisanenverband 1982 beschloss, das Denkmal in Eigenregie wiederzuerrichten wurde der Persmanhof gewählt, der für die Partisanen ein wichtiger Stützpunkt ihres Widerstands- und Befreiungskampfes gewesen war.

Auf öffentlichem Grund gibt es in Kärnten bis heute keine Erinnerungszeichen an den Partisanenkampf - es sei denn auf Friedhöfen. Denkmäler finden sich ausnahmslos an privaten Orten.

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