Regie für "Heldenplatz-Skandal"

Steffen Jäger, Regie

Mit 18 hat er sein erstes Stück inszeniert: Steffen Jäger, Jahrgang 1983, Regie-Absolvent des Wiener Reinhardt Seminar. Mit der szenischen Lesung "Heldenplatz-Skandal", die am 6. Oktober Premiere hat, gestaltet er nun den Auftakt der Kooperation der Ö1 Talentebörse mit dem Theater in der Josefstadt.

"Ich bin in Neubrandenburg in Vorpommern aufgewachsen. Dort habe ich in der Schule im Chor gesungen und wir haben auch Sketches aufgeführt. Und damals fragte man einen Schulfreund und mich, ob wir am Schauspielhaus spielen möchten. So stand ich bereits mit zwölf das erste Mal auf einer Bühne.

Ich habe sehr bald gemerkt, dass ich Interesse an der Regie habe. Mit 18 habe ich bereits mein erstes Stück inszeniert. Mein Zugang war, dass ich oft mit der Umsetzung der Stücke, die ich gesehen habe, unzufrieden war. So dachte ich: ich muss es selbst ausprobieren, es besser machen", erzählt Steffen Jäger, der in Görlitz in Sachsen in der ehemaligen DDR geboren wurde, Jahrgang 1983, über seine Anfänge.

Seit 2005 studierte er am Max Reinhardt Seminar Wien Regie bei Anna Maria Krassnigg und Michael Gruner. Abgeschlossen hat er im Juni 2009.

Nach der Matura absolvierte der Nachwuchs-Regisseur 1999/2000 ein Auslandsjahr an der Carman-Ainsworth Community Highschool in Flint/Michigan, sowie in New York City und Washington DC in den USA.

Bevor er sich für die Regie entschied, begann er nach seinem Zivildienst 2003 zunächst mit den Studien in Mathematik, Philosophie und Kunstgeschichte and der Alexander Humboldt-Universität in Berlin.

Reinhardt Seminar als erste Option

"Das Regie-Studium am Seminar basiert vor allem auf zwei Prinzipien: erstens hat man hier ein ganz klares Profil, zweitens ist die Arbeit zwischen Schauspielern und Regisseuren sehr eng verknüpft. Regie-Studenten müssen zunächst auch Schauspiel-Unterricht nehmen, die Schauspieler können am Regie-Unterricht teilnehmen.

Auf dieser gemeinsamen Entwicklung fußt die Philosophie des Seminars - und das ist in nur wenigen Schulen der Fall. Außerdem ist die Ausbildung hier sehr individuell. Jeder Schauspieler hat verschiedene Lehrer.

Die Regie-Studenten werden von zwei Professoren unterrichtet. Und diese Kombination gibt es im deutschsprachigen nur in Wien. Deshalb war das Reinhardt Seminar die erste Option für mich. Ich wurde nach dem ersten Vorsprechen aufgenommen und bin sehr glücklich darüber", erläutert Jäger seine Entscheidung für die renommierte Wiener Theater-Schule.

"Heldenplatz-Skandal" an der Josefstadt

Derzeit inszeniert Steffen Jäger die szenische Lesung "Heldenplatz-Skandal", die am 6. Oktober 2010 auf der Probebühne des Theaters in der Josefstadt Premiere hat. Es ist dies die Auftakt-Veranstaltung der Kooperation zwischen Ö1 Talentebörse und dem Theater in der Josefstadt.

An der Lesung nehmen zehn Talente der fünf österreichischen Universitäts-Schauspielschulen teil. Für die Kostüme zeichnet Aleksandra Kica verantwortlich.

Inszenierungen in Bregenz und St. Pölten

Seine nächste Produktion hat Jäger mit David Woods "Der Lebkuchenmann", die am 14. November 2010 am Theater Vorarlberg Premiere hat.

Danach inszeniert er Philipp Löhles Stück "Die Unsicherheit der Sachlage" am Landestheater NÖ. in St. Pölten. Premiere ist am 26. Februar 2011.

Das Theater als Gesamtkunstwerk

"Das Theater ist für mich vor allem deshalb interessant, weil es eine Kunstform ist, bei der Persönlichkeiten aus den verschiedenen Einzelkünsten aufeinander treffen. Und über die Reibung und die verschiedenen Kreativitäten kreieren sie ein Gesamtkunstwerk. Im Film zum Beispiel wird sehr regielastig gearbeitet, am Theater hingegen ist das anders.

Bei meiner jüngsten Inszenierung wirkten acht Schauspieler mit - es gab also die Möglichkeit, die Kreativität acht unterschiedlicher Köpfe einfließen zu lassen. Das ist ein sehr schöpferischer Prozess, zwar ein sehr schwieriger und langer, aber auch ein sehr dankbarer", schildert Steffen Jäger.

Sehr unterschiedlicher Zugang

"Ich bereite mich sehr lange auf das jeweilige Werk vor, bearbeite Stücke sehr stark und setze oft Musik ein. Wie die meisten Seminar-Regisseure bin ich sehr fixiert auf die Schauspieler. Sonst verbindet meine Inszenierungen eigentlich nichts", charakterisiert Jäger, der seit 2006 vielfache Theater-Praxis sammeln konnte, seine Arbeiten.

Erfolgreiche Diplom-Regie "Lantana"

2007 inszenierte Steffen Jäger bereits Krzysztof Kieślowskis "Dekalog 1" am Deutschen Theater Göttingen.

Zuletzt war seine erfolgreiche Diplom-Inszenierung von Andrew Bovells "Lantana" ("Speaking in Tongues"), die am 17. Dezember 2008 Premiere hatte, am Reinhardt Seminar zu sehen.

"Im ersten Seminar-Jahr kam meine Professorin zu mir und sagte: das ist dein Stück. Ich habe es zunächst nicht geglaubt, ließ es ein Jahr lang liegen - und plötzlich in einer stürmischen, verregneten Nacht las ich es und stellte fest, dass sie tatsächlich recht hatte.

'Lantana' ist ein modernes Stück, in dem es um Ehekrisen, Kriminalgeschichten, um gescheiterte und nicht gescheiterte Existenzen geht, die sehr verloren nach dem Glück suchen.

Es hat mich sehr begeistert, denn es versucht - was für ein modernes Stück sehr mutig ist - ein Menschenbild zu prägen, ein menschliches Problem aufzuzeigen. Der Konflikt zwischen dem Menschen und seiner Natur: wie natürlich bin ich eigentlich, was ist Liebe als Naturprozess? Und das ist sehr selten in heutigen Stücken, die sich oft im Individualismus verlieren. Das war der Grund, warum ich dieses Bovell-Stück gewählt habe", erläutert Jäger.

Abschluss mit Fabres "Ich bin Blut"

Als seine letzte Arbeit am Seminar zeigte Jäger Jan Fabres "Ich bin Blut" Ende Februar 2009.

Berufliche Perspektiven

"Mir ist vor allem wichtig, dass ich jene Probenform, die ich in den letzten Jahren für mich entwickelt habe, weiterführen kann. Denn sie setzt eine gewisse Toleranz bei Schauspielern voraus. Das heißt, dass ich mich im Vorhinein mit ihnen einigen muss. Ich hoffe also, Leute zu finden, die sich darauf einlassen, weil es eine körperlich sehr anstrengende Methode ist.

Bei Theatern interessieren mich vor allem die Bühnenräume - ob sie mich ansprechen. Deshalb werde ich mich im nächsten halben Jahr umsehen", skizziert Jäger, der derzeit in Verhandlungen für ein Projekt ist, seine Zukunftsperspektiven.

Stücke und Schauspieler selbst wählen können

Wie lauten die Zukunftswünsche des erfolgreichen Regisseurs?

"In einer Situation zu leben, in der ich meine Projekte sowie die Schauspieler, mit denen ich zusammenarbeiten will, selbst aussuchen zu können. Darauf will ich schon in nächster Zukunft achten. Und nicht zuviel zu inszenieren, weil ich sehr lange für die Vorbereitung brauche. Eben die Möglichkeit zu haben, mir diese Zeit nehmen zu können, die ich benötige", so Steffen Jäger.

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Die Ö1 Talentebörse ist ein Kunstförderprojekt mit Unterstützung der UniCredit-Bank Austria