Wenig Bewegung, viel Belastung

Haltungsschäden bei Kindern

Orthopädische Probleme bei Schülern nehmen zu. Intensives Arbeiten am Computer belastet den Bewegungsapparat, Bewegung hat im Unterricht an Stellenwert verloren. Welche Maßnahmen zur Verbesserung oder Vermeidung von Haltungsschäden gibt es?

Bewegungsmangel oder ungeeignete Arbeitsplätze führen immer häufiger zu Störungen des Bewegungsapparates bei Schülern. Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Schulen, Eltern und Ärzten könnte diesen Trend stoppen. Doch die meisten einschlägigen Initiativen brachten nur wenig Erfolg.

Bereits unsere jüngsten Schüler in den Volksschulen leiden immer häufiger unter Verspannungen der Rückenmuskulatur, Fehlhaltungen und sogar unter orthopädischen Auffälligkeiten. In der achten Schulstufe liegt der Anteil bei knapp einem Drittel. Tendenz steigend. So jedenfalls, die Ergebnisse einiger Untersuchungen an Pflichtschulen.

Schlechte Aussichten

Manifestieren sich Haltungsschäden im Wachstum, kann dies in weiterer Folge zu einer Verschlechterung bereits angeborener Fehlstellungen von Wirbeln, Knochen und Gelenken führen, oder schmerzhafte Erkrankungen des Bewegungsapparates wie z.B. eine frühzeitige Arthrose hervorrufen. Um dies zu vermeiden, sollte ehest möglich eine fachärztliche Kontrolle durchgeführt werden.

Ursache Bewegungsmangel

"Die Kinder bewegen sich zu wenig", ist der Haupttenor der meisten Schul- und Fachärzte. Am Vormittag sitzen die Schüler - Stunde um Stunde - im Klassenzimmer. Danach werden Hausübungen gemacht. Und zu Hause verbringen viele Kinder fast ihre ganze Freizeit vor einem Bildschirm.

Vor allem intensives Arbeiten (und natürlich Spielen) am Computer belastet den Bewegungsapparat, der im Wachstum befindlichen Kinder sehr. Denn die wenigsten Computerarbeitsplätze sind ergonomisch ausgestattet. Dies ist ein Problem, das in allen Industriestaaten vorkommt.

Werkzeug Computer

Das Lernen hat in den letzten Jahren einen Wandel vollzogen. Während sich unsere Eltern bzw. Großeltern noch im "Schönschreiben" übten, hat in der heutigen Zeit Wissen, schnell aus dem Internet recherchiert, oberste Priorität. Bereits in Volksschulen wird der Umgang mit dem Computer gelehrt. Und bei älteren Pflichtschülern gehören Internetrecherchen, Vorbereitungen auf Referate und Hausübungen am Computer geschrieben zum Schulalltag.

Bewegung genießt dabei nur mehr einen geringen Stellenwert. Doch nicht nur in Schulen, wo Turnstunden gestrichen werden. Auch im privaten Bereich scheinen sich Eltern und Kinder immer weniger Zeit für sportliche Aktivitäten zu nehmen.

Initiativen ohne Erfolg

In den letzten Jahren wurden von engagierten Schulvertretern, Eltern, Ärzten und Sportvereinen viele einschlägige Initiativen gestartet wie z. B. "Die bewegte Schule". Es wurden Broschüren mit Vorschlägen zu altersgerechten Bewegungsprogrammen als Ausgleich für die langen Sitzperioden aufgelegt, und so manche Schule schaffte sich ergonomisch geformte Schulmöbel an. Dennoch wurden die Haltungsschäden der Schüler nicht weniger.

Ursache Übergewicht

Ein weiterer wesentlicher Faktor für Haltungsschäden ist, dass immer mehr Kinder und Jugendliche übergewichtig sind. Dabei kommt es zum Teufelskreis. Adipöse Kinder bewegen sich immer weniger. Sie kommen schon bei geringsten Bewegungen ins Schwitzen und außer Atem. Hänseleien anderer Mitschüler sind ihnen sicher.

In der Folge lassen sie Bewegung ganz sein und suchen "Entspannung" im Essen. Bewegungsarmut lässt die Muskeln erschlaffen, die Stützfunktion für das Knochengerüst ist nicht mehr vorhanden. In der Folge wird der Bewegungsapparat überlastet, und im schlimmsten Fall kommt es zu vorzeitigen Abnützungserscheinungen der Gelenke. Außerdem leiden viele dieser Kinder unter Plattfüßen, die zu Gangstörungen und letztendlich auch zu einseitigen Belastungen des Bewegungsapparates führen.

Bewusstsein schaffen

Jedes Kind sollte zumindest einmal im Jahr von einem Kinderarzt untersucht werden. Auffälligkeiten, wie z. B. extremes einwärts Gehen, eine schiefe Körperhaltung oder Schmerzen sollten Eltern veranlassen, mit ihrem Kind einen Orthopäden aufzusuchen.

Darüber hinaus gibt es einige einfache Maßnahmen, die Haltungsschäden verbessern oder vermeiden können. Denn gerade bei Kindern und Jugendlichen, deren Stützapparat sich noch im Wachstum befindet, ist die Regenerationsmöglichkeit groß.

Vor allem sollten im Tagesablauf immer wieder Bewegungseinheiten eingebaut werden wie z. B. kleine Turnübungen nach langen Sitzphasen. Ebenso sollte sowohl der Arbeitsplatz in der Schule als auch zu Hause dem Alter und der Größe des Kindes angepasst sein. Weiters kann durch gezielte Ernährung und regelmäßigen Sport Übergewicht weitgehend vermieden werden. Die "gesunde Jause" sollte nicht nur ein Schlagwort sein.

Darüber hinaus könnten schon einfache, präventive Maßnahmen im Alltag wie z. B. der richtige Sitz der Schultasche, regelmäßige Bewegung oder ausgewogene Ernährung, um Übergewicht zu vermeiden, dazu beitragen, den Bewegungsapparat während des Wachstums zu unterstützen.

Diskutieren Sie mit!

Wenn Sie Fragen zum Thema haben, dann rufen Sie während der Sendung unter der kostenfreie Telefonnummer 0800 22 6979 an, oder posten Sie hier.

  • Leidet Ihr Kind regelmäßig unter Verspannungen oder Rückenschmerzen?
  • Möchten Sie Informationen über Rücken schonende Schultaschen und wie sie richtig getragen werden?
  • Möchten Sie mehr über die Therapiemöglichkeiten bei Skoliose oder anderen orthopädischen Erkrankungen im Kindesalter wissen?
  • Möchten Sie den Arbeitsplatz Ihres Kindes ergonomisch gestalten und wissen nicht, was dabei zu beachten ist?
Offen gebliebene Fragen werden nach der Sendung von Prim. Univ.-Prof. Dr. Franz Grill, ärztlicher Direktor und Leiter der Abteilung für Kinderorthopädie am Orthopädischen Spital Speising, und Dr. Lilly Damm, Koordinatorin für Schulärztliche Angelegenheiten, Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, bis 15:20 Uhr in unserem Forum beantwortet.

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