Ein geschichtlicher Überblick

Österreichs Industrie - einst und jetzt

Österreich zählt heute zu den erfolgreichen Industriestaaten, wenn auch nicht zur technologischen Spitze. Aber trotz langer handwerklicher Tradition ist unser Land erst nach dem Zweiten Weltkrieg so richtig industrialisiert worden.

Roman Sandgruber zu Österreichs Industriegeschichte

Die Industrie in Österreich hat eine reiche Tradition. Ihre Geschichte reicht bis ins 16. Jahrhundert oder sogar noch weiter zurück. Sie ist eine Geschichte der Chancen. Wie diese Chancen entstanden, warum sie zeitweise verpasst und wie sie schließlich erfolgreich ergriffen wurden, beschreibt Univ.-Prof. Dr. Roman Sandgruber in seinen drei Bänden der "Österreichischen Industriegeschichte". Der Wirtschaftexperte beleuchtet darin den langen Weg Österreichs vom Agrar- über den Verwaltungsstaat zur Industrienation.

"Österreich über Alles, wann es nur will!"

So diagnostizierte Philipp Wilhelm von Hörnigk schon 1684 in seiner zunächst anonym erschienenen Schrift über wirtschaftliche Potentiale des Habsburgerreiches. Österreichs Industriegeschichte ist gekennzeichnet einerseits vom unternehmerischen Willen einzelner Familien und andererseits von bremsenden Kräften, die einer Entfaltung industrieller Tätigkeiten im großen Stil entgegenstanden. Hohe Kriegskosten, die immensen Aufwändungen für ein stehendes Heer von zeitweise 400.000 Mann haben für industrielle Investitionen nicht viel Geld übrig gelassen. Die politische Ausrichtung des Habsburger Reiches nach Osten und Südosten distanzierte Österreich vom aufstrebenden West- und Nordeuropa.

Der Agrar- und Beamtenstaat

Das Gebiet des heutigen Österreich blieb lange Zeit vorwiegend ein Agrar- und Beamtenstaat. Die Flussrichtung der Donau nach Osten und das Fehlen hochwertiger Steinkohle verteuerten Transport und Energieerzeugung. Gegenreformation und Katholizismus waren von ihrer Ethik her auch nicht gerade industriefreundlich. Viele wirtschaftlich erfolgreiche Protestanten mussten das Land verlassen. Auch der latente Antisemitismus zeigte sich gelegentlich als Industrieskepsis.

Österreichs Initiativen zur Industrie-Förderung

Im 17. und 18. Jahrhundert war England die führende Industrienation der Welt, getragen von bahnbrechenden Innovationen in den Bereichen Textilindustrie, der Eisen- und Stahlerzeugung und der Nutzung der Dampfkraft, als James Watt die Dampfmaschine technisch verbesserte.

Schon im 18. Jahrhundert bemühte sich Österreich um einen Technologietransfer. Auslandsreisen, der Import von englischen Maschinen und die Anwerbung ausländischer Spezialisten sollten auch in Österreich Industriezonen entstehen lassen. Technische Innovationen wurden durch Privilegien gefördert, das 1815 gegründete Polytechnische Institut sollte der Ausbildung und Forschung dienen. Nach und nach wurden die strengen Zunftregeln gelockert, um den Wettbewerb zu fördern. Als neuer Typ von Unternehmen entstand die Fabrik.

Die beiden politischen Umbrüche nach dem Ersten Weltkrieg 1918 und der Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland 1938 bis 1945 zerstörten allerdings gewachsene industrielle Strukturen.

Die entscheidende Anschübe nach 1945

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kann man in Österreich von einer gezielten und effizienten Industriepolitik im eigentlichen Sinn sprechen. Die anfangs erfolgreiche verstaatlichte Industrie stellte das Hauptkontingent, doch begannen damals auch Einzelunternehmer Industrien aufzubauen, die heute auf allen Märkten der Welt zu finden sind. Die verstaatlichte Industrie wurde aber bald politisch missbraucht und wird seit etwa 20 Jahren privatisiert. Auch daraus sind durchaus erfolgreiche Unternehmen geworden.

Ein entscheidender Anstoß kam im Jahr 1989, als die Planwirtschaft im Osten Europas zusammenbrach und sich dort die jungen EU-Mitgliedsländer mit neuen Märkten und Industriestandorten bildeten. Bis jetzt hat Österreichs Industrie von der neuen Situation profitiert.

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Buchtipp
Österreichische Industriegeschichte, herausgegeben von Univ.-Prof. Dr. Roman Sandgruber, Verlag Carl Ueberreuter, ISBN 3800039281

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Roman Sandgruber
Industriellenvereinigung