Der Wiener Vorstadt-Poet und Dichter Ferdinand Sauter

Der Anti-Biedermeier

Ferdinand Sauter, aus dem salzburgischen Werfen gebürtig, als "verpatzter" Maturant nach Wien und in eine kaufmännische Lehre gekommen, gilt heute - wenn überhaupt noch etwas - als liebenswürdiger, ein wenig versoffener Vorstadtpoet und Dialektreimer.

Ferdinand Sauters selbstironischen, pointierten Gedichte ("Immer lustig ist der Sauter", "Meine Grabschrift") haben sich, als einzige aus dem mehr als 200 lyrische und aphoristische Stücke umfassenden Oeuvre, bis heute im Gedächtnis gehalten - immerhin jährt sich der Todestag Sauters in diesem Oktober zum 150. Mal.

Das Elend der "kleinen Leute"

Das Bild des Wirtshauspoeten ist verklärt vom klebrigen Klischee eines "gemütlichen" Biedermeier. Sauter, Jahrgang 1804, sah das anders, und belegte das auch in vielen seiner Gedichte: Er beschrieb das Elend der "kleinen Leute" in der Wiener Vorstadt, wo es - zum Beispiel in seiner zeitweiligen Wohngegend, am Lerchenfeld - mehr Wirthäuser als Zinshäuser gab.

Sauter schimpfte lebhaft auf den Metternich'schen Polizeistaat, beschwor die Freiheit von Unterdrückung und Zensur und rechnete in einem wüsten Einakter - seinem einzigen dramatischen Versuch - auch mit seinem Dienstherrn ab, einem Papierfabrikanten und vormärzlichen Kapitalisten, der ihn durch zumindest fahrlässigen Bankrott brotlos gemacht hatte.

Widerborstig, aufmuckerisch, aber introvertiert

Sauter war kein Rebell, kein Achtundvierziger-Revolutionär. Er war widerborstig, aufmuckerisch, aber introvertiert und, trotz viel beklatschter Wirthausauftritte als deklamierender Poet, ungeeignet zum Rädelsführer. Er litt am Verlust der Romantik, den Zerstörungen des Industriezeitalters - auch das findet sich in seinen Gedichten, wenn auch nicht immer in den Auswahlbänden, die fast allesamt bemüht sind, aus Sauter eben einen "Biedermeier" zu machen -, an unglücklichen Liebschaften und dem Umstand, dass er, in seinen späteren Jahren (er starb, mit 50, an der Cholera), außerstande war, sein Äußeres zu pflegen ("...immer mehr und mehr versaut er...").

Ferdinand Sauter mag kein großer Dichter gewesen sein, aber er hatte durchaus seine poetischen Qualitäten, war ein ungewöhnlich gebildeter Mann, eine ernst zu nehmende literarische und politische Figur im Wien seiner Zeit - und dann und wann winkt er sogar unmissverständlich als Mensch und Zeitgenosse zu uns herüber...