Den Randfiguren der Gesellschaft gewidmet

Für die, die ohne Stimme sind

Seine Gedichte heißen "Der böhmische Knecht", "Die Kohlenschipper", "Vorstadthure" oder "Friedhof der Namenlosen" - seine Lyrik widmete Theodor Kramer den Randfiguren der Gesellschaft. Sein Leben war von Ausgrenzung und Heimatlosigkeit geprägt.

Nur sieben schmale Gedichtbändchen veröffentlichte Theodor Kramer zu Lebzeiten. 1929 erschien der erste, 1933 verschlossen sich dem jüdischen sozialdemokratischen Parteimitglied die gleichgeschalteten Zeitungen und Verlage in Deutschland. 1938 folgte das Berufsverbot in Österreich.

"Pack, Liebste, mir mein Waschzeug ein / und wein nicht: sie sind da", lautet die letzte Zeile seines berühmten Gedichtes "Wer klopft da draußen an der Tür?". Mit der Hilfe Thomas Manns konnte Kramer in letzter Sekunde aus Österreich fliehen, erst 1957, kurz vor seinem Tod, sollte er zurückkehren.

Als Bibliothekar im britischen County Technical College hatte Kramer im Exil Heft um Heft mit Gedichten gefüllt - in seinem Nachlass sind Zehntausende erhalten.

Die Realität des Krieges

Am 1. Jänner 1897 im niederösterreichischen Niederhollabrunn geboren, besuchte Kramer Schulen in Stockerau und Wien und wurde unmittelbar nach der Matura zum Kriegsdienst einberufen, wo er sich schwere Verletzungen zuzog. Die Realität der Schützengräben, die Sehnsucht und Trostlosigkeit im Morast, nicht kriegerisches Heldentum oder nationaler Stolz werden seine späteren Kriegsgedichte prägen.

In den 1920ern arbeitete er als statistischer Beamter, als Angestellter in verschiedenen Buchhandlungen, als Geschäftsführer und Verlagsvertreter, hörte Vorlesungen und machte erste lyrische Schritte, sowie ausgedehnte Wanderungen durch Österreich, die sich in seinen frühen Naturgedichten niederschlugen.

Dichter der Not und Armut

Ab Ende der 1920er Jahre wurde Kramer zum gefeierten und vielgedruckten Dichter in allen Feuilletons, der Zsolnay-Verlag veröffentlichte 1931 seine erst nach langem Schweigen entstandenen Kriegsgedichte "Wir lagen in Wolhynien im Morast...", gewidmet seiner späteren Frau Inge Halberstam, der Wiener Gsur-Verlag 1936 die bis dahin umfangreichste Sammlung mit dem Titel "Mit der Ziehharmonika", die ihm seinen Platz als Dichter der Not und Armut, der Dörfler und Subproletarier in der österreichischen Literaturgeschichte sichern sollte.

Gleichzeitig wurde Kramer auch Teil des österreichischen Literaturbetriebs, etwa als Vorstandsmitglied der "Vereinigung sozialistischer Schriftsteller". Sein Name fand sich aber schon bald auch auf anderen Listen, wie der "des schädlichen und unerwünschten Schrifttums" der Reichsschrifttumskammer ab 1939.

Mitleid mit den Feinden

Die Exilgedichte sind von Isolation und Heimatlosigkeit geprägt, sprechen manchmal von Hass und Rache. Doch letztlich schließt er, etwa mit dem "Requiem für einen Faschisten" auch den Feind in die Gruppe derer ein, denen er stets voller Anteilnahme seine Stimme lieh, und bekennt sich schuldig gegenüber dem toten Faschisten: "unser keiner hatte die Geduld, / in deiner Sprache dir den Wegzusagen: / dein Tod ist unsre, ist auch meine Schuld".

Wie umfangreich sein Werk gerade im Exil anwuchs, zeigen die "Gesammelten Gedichte", die seit 2005 neu editiert im Zsolnay Verlag aufgelegt werden. Die "Liebesgedichte", die 2005 in einer erweiterten Neuausgabe erschienen sind, beweisen, wie viel darin noch zu entdecken ist. "Erst in der Heimat bin ich ewig fremd", schrieb Kramer kurz nach seiner Rückkehr.

Späte Ehrenpension

In der Heimat geriet Kramer in seiner Abwesenheit nicht völlig in Vergessenheit. 1946 erscheinen im Wiener Globus-Verlag die beiden Gedichtbände "Wien 1938/Die Grünen Kader" und "Die untere Schenke", bei seiner späten Rückkehr erhielt er eine Ehrenpension des Bundespräsidenten, konnte sie jedoch nur drei Monate lang in Anspruch nehmen.

Posthum wird ihm auch noch der Literaturpreis der Stadt Wien des Jahres 1958 verliehen, seine letzte Ruhestätte fand er in einem "Grab in bevorzugter Lage" auf dem Wiener Zentralfriedhof.

Hör-Tipps
Du holde Kunst, Sonntag, 30. März 2008, 8:15 Uhr

Hörspiel-Studio, Dienstag, 1. April 2008, 20:31 Uhr

Veranstaltungs-Tipp
Festveranstaltung zum 50. Todestag von Theodor Kramer, 2. April 2008, Urania Wien

Link
Theodor Kramer Gesellschaft