Porträt eines Österreichisch-Isländischen Komponisten

Der Isländer vom Grazer Hilmteich

Am 5. Mai feierte der in Graz geborene Komponist und Dirigent Paul Pampichler - alias Páll P. Pálsson - seinen 80. Geburtstag. Nachdem er mehr als 40 Jahre lang das Musikleben Islands geprägt hatte, lebt er seit 1992 wieder in seiner Heimatstadt.

Páll Pampichler Pálsson. Den Namen des Komponisten und seine Musik habe ich zum ersten Mal Anfang der 80er Jahre an einem Sonntag, so nach 16:30 Uhr, im Radio gehört: Karl Löbl stellte in "Lieben Sie Klassik?" das Klarinettenkonzert "eines in Island lebenden österreichischen Komponisten" vor. 1988 sprang mir dann im Reykjaviker LP-Laden ein schwarzes Cover in die Augen: "Neue Musik für Klarinette", darunter das Konzert eines "Páll P. Pálsson."

Das "P" kann für Paul oder Pampichler stehen. Wer "Páll Pálsson" googelt, erfährt, dass er ein "Bad Taste Artist" ist. Gut, ja, warum soll sich nicht jemand gefunden haben, der in denunziatorischer Absicht im weltumspannenden Netz Künstler mit schlechtem Geschmack outet? Auch die isländische Sängerin Björk ist "smekkleysa". Im Isländischen heißt das so viel wie "sehr schlecht", "geschmacklos" - ein Schicksal, das er mit Björk und ihrer ersten Band, "The Sugar Cubes", teilt. Aha! "Geschmacklos", das ist der Name eines isländischen CD-Labels!

Von Graz nach Island und zurück

In Graz ist der Name Paul Pampichler einschlägig bekannt: Am Opernhaus haben drei Musiker mit diesem Namen für reibungslosen Betrieb gesorgt. Der Großvater sang im Chor, der Vater spielte Kontrabass und Paul, der Dritte ab 1945 - als jüngstes Mitglied des Grazer Philharmonischen Orchesters - die Trompete. In Island aber, da ist er berühmt, "wie das schlechte Geld", sagt er mit Grazer Vokalfärbung und Tonfall.

1949 war Paul Pampichler auf Vermittlung seines Professors nach Reykjavik gegangen. Am Ende des ersten Jahres verlängerte er im Sinfonieorchester, auch am Ende des zweiten. Er wurde 1. Trompeter, dirigierte dann eines Tages, aus Gefälligkeit, das Orchester, dem das "ganz gut gefallen hat. Und so sind halt 40 Jahre draus geworden." Schöne Jahre, beeilte er sich hinzuzufügen, als ich den "Pensionisten", wie er sich selbst bezeichnet, in seiner Wohnung in einem unscheinbaren Wohnhaus unweit des Grazer Hilmteichs Anfang April besuchte.

Vom Arbeits- und Wohnzimmer überblickt er den Botanischen Garten der Karl-Franzens-Universität. Er erzählt, wie es sich "halt so ergeben hat", dass er einen Namen als Komponist, Lehrer und Dirigent einiger Ensembles bekam. Keiner hat das Isländische Symphonieorchester öfter dirigiert als er.

"Hörbare" Musik

Gefühlt hat er sich immer als Komponist, aber am Ende eines Arbeitstages war er "immer so müde". Trotzdem, "100 Werke werden es schon sein": Orchester- und Kammermusik-, Chorwerke, Lieder, Solistenkonzerte. Zwei Tage später eine Karte: Er habe "übertrieben, es werden nur 80 sein." Und er entschuldigt sich für die Fehlinformation.

Früh haben ihn Strawinsky und Bartók beeindruckt, später Lutoslawski, dessen Werke er oft dirigiert hat und von dem er immer noch mit großem Respekt spricht. Er versuche seine Linie zu finden, "Stil ist übertrieben." Er hört in sich hinein. Er schätzt "hörbare Musik", Lutoslawski etwa, Musik, die Struktur hat, Melos, Harmonie, Rhythmus, vom Klang des Orchesters ausgeht, dessen Möglichkeiten noch nicht ausgereizt sind. Er beschreibt den physischen Prozess des Musikmachens, der mit "Hineinhorchen in sich selbst" verbunden ist - und mit Schwitzen!

Späte Anerkennung in Österreich?
Mit dem Pianisten Markus Schirmer verbindet Paul Pampichler eine lange Freundschaft. Für ihn hat er für dessen Beethoven-Programme zwei erfolgreiche Klavierstücke, für Schirmer und den Cellisten Danjulo Ishizaka ein Doppelkonzert komponiert. Am 3. November 2008 wird es im Grazer Stefanien-Saal uraufgeführt.

Roy Goodman wird das "Große Orchester Graz" leiten. Derzeit arbeitet er an einer Kammeroper, "Rosskopf oder das Elend der Menschen", nach einem Libretto des österreichischen Lyrikers Georg Petz.

Mehr zum Musikfestival Centropalia in oe1.ORF.at

Hör-Tipps
Apropos Klassik, Freitag, 6. Juni 2008, 15:06 Uhr

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Links
recreation - Großes Orchester Graz
Markus Schirmer
Iceland Symphony Orchestra