Happy Birthday Mr. Keynes

Der Ökonom, der Millionen machte

John Maynard Keynes wurde am 5. Juni 1883 in Cambridge geboren. Als er am 21. April 1946 starb, hinterließ er der Welt eine ökonomische Theorie, ein Theater und zwei internationale Institutionen: den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank.

John Maynard Keynes entstammt einer bürgerlichen Familie und wuchs in Cambridge auf. Sein Vater, John Neville Keynes, war auch Wissenschaftler, er unterrichtete unter anderem an der Cambridge University und war mit dem berühmten Ökonomen Alfred Marshall befreundet, in dessen 1890 veröffentlichten Buch "Principles of Economics" erstmals Darstellungen von Nachfrage und Angebot in Form von Angebots- und Nachfragekurven zu finden sind.

1903 gelang es Marshall Ökonomie als eigenes Studienfach an der Cambridge University zu etablieren. John Maynard Keynes studierte bei Alfred Marshall, nachdem er wie sein Lehrer zuvor das Mathematikstudium mit ausgezeichnetem Erfolg absolviert hatte.

Lebemann und Kulturliebhaber

Keynes hatte abseits der Ökonomie viele Interessen und bewegte sich mit Leichtigkeit auf dem gesellschaftlichen Parkett. Er war Herausgeber des "Economic Journal", Financier des Cambridge Arts Theaters und Mitglied der Bloomsbury Group, ein Kreis von Wissenschaftern und Künstlern - dem unter anderen Virginia Woolf angehörte. Und er war politischer Berater mit enormem Einfluss.

Obwohl ihm lange Jahre Homosexualität nachgesagt wurde, heiratete Keynes 1925 Lydia Lopokova, eine russische Schauspielerin und Tänzerin. Die Ehe soll sehr glücklich gewesen sein. 1931 erschien "Treatise of Money" - zu deutsch: Ein Traktat über Währungsreform, und 1936 publizierte Keynes "The General Theory of Employment, Interest, and Money", die Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes, sein Opus Magnum.

Regulierung ist nötig

John Maynard Keynes entwickelte seine Theorien in den 1930er Jahren, in der Zeit der großen Weltwirtschaftskrise. Das größte Problem war die Massenarbeitslosigkeit, ein Phänomen, für das es in der klassischen Ökonomie keinen Platz und daher auch keinen Plan gab.

Wenn die klassische Theorie nur auf den Fall von Vollbeschäftigung anwendbar ist, ist es jedoch offenbar trügerisch, sie auf das Problem der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit anzuwenden.

Das schrieb John Maynard Keynes 1936 in seiner "Allgemeinen Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes". Arbeitslosigkeit wollte er nicht hinnehmen, sondern durch staatliche Eingriffe verringert sehen.

Diese Ansicht bildete den Gegenpol zur traditionellen Meinung, staatliche Eingriffe seien Störfaktoren und der Markt würde am besten ohne Einmischung der Politik funktionieren. Keynes war kein Freund idealer Modelle, die mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun hatten. Er war daran interessiert, möglichst wirklichkeitsnahe Problemlösungen zu finden, und er betonte die positive Rolle, die der Staat für die Stabilisierung eines instabilen Wirtschaftsprozesses spielen könne.

Ein Ungleichgewichtstheoretiker

John Maynard Keynes sah sich als Retter des Kapitalismus. Er gab sich als großer Gegner des Marxismus und der Planwirtschaft. Der Ökonom Stephan Schulmeister sieht allerdings einen klaren Unterschied zwischen Keynes und seinen bürgerlichen Kollegen, denn Keynes befand eine Grundthese des Marxismus für richtig, "nämlich jene, dass der Kapitalismus aus sich heraus Krisen produziert und die Politik die Markwirtschaft regulieren müsse. Speziell die Finanzmärkte sind Krisenherde. Insofern ist es verständlich, dass John Maynard Keynes sich als Retter des Kapitalismus verstand", sagt Stephan Schulmeister.

John Maynard Keynes war Ungleichgewichtstheoretiker. Das bedeutet, dass er davon ausging, dass sich Gleichgewichtszustände nicht von selbst ergeben und die Welt auch nicht im harmonischen Gleichgewicht verharre. Daher plädierte Keynes immer für Elemente, die das System stabilisieren.

Beauty Contest

Keynes kam beim so genannten "Schönheitswettbewerb", einem sozialwissenschaftlichen Experiment, zu der Erkenntnis, dass für das Entscheidungsverhalten von Menschen weniger ihr eigenes Verhalten maßgeblich ist, als jenes der anderen beteiligten Menschen. Denn die Jurymitglieder bei einem Schönheitswettbewerb, so hat es Keynes gezeigt, wählen nicht jene Frau, die sie selbst für die Schönste halten, sondern jene, von der sie glauben, dass die anderen sie am attraktivsten finden.

Aus rationalen Motiven wird also gegen die eigene Überzeugung gehandelt. Eine Annahme, die Keynes zur Erklärung von Spekulationsblasen heranzog. Die Anfang des 20. Jahrhunderts vorherrschende neoklassische Theorie ging vom rational denkenden und handelnden Menschen aus, vom Homo Oeconomicus. John Maynard Keynes hingegen betrachtete Gefühle für entscheidend im Wirtschaftsprozess.

Spielkasino oder Schwarzer Peter

An der Börse gehe es zu wie im Spielkasino, meinte John Maynard Keynes. Und man stimme schließlich überein, dass Spielkasinos im öffentlichen Interesse unzugänglich und kostspielig sein sollten, und das Gleiche gelte für Wertpapierbörsen.

Das Schauspiel moderner Investmentmärkte hat mich hie und da zu der Folgerung getrieben, dass die Unauflösbarkeit des Kaufes eines Investments, nach dem Vorbild der Heirat, von Todesfällen und anderen schwerwiegenden Gründen abgesehen, ein gutes Heilmittel gegen die Übel unserer Zeit sein könnte. Denn dies würde den Investor dazu zwingen, seine Aufmerksamkeit den langfristigen Aussichten und nur diesen zuzuwenden.

Keynes persönliche Investment-Philosophie entwickelte sich mit seiner ökonomischen Theorie. In den 1920ern hatte er sich als wissenschaftlicher Spieler gesehen und mit Währungen und Rohstoffen gehandelt.

Kaum unterschied er klar zwischen Investitionen und Spekulationen, ging er mit seinem Geld an der Börse anders vor. Und so sattelte er in den 1930er Jahren um: Von nun an kaufte er nur noch ausgewählte Aktien, also Firmenbeteiligungen, und behielt sie. Die Bilanzen der Unternehmen, an denen er beteiligt war, konnte er lesen und sich einen Reim daraus machen. Es war ein überschaubareres Risiko als etwa Währungsspekulationen.

Was aber macht den Keynesianismus aus?

Nach dem frühen Tod von Keynes an Herzversagen im Jahr 1946, wurden seine Aussagen sehr unterschiedlich ausgelegt, teilweise sogar von seinen neoklassischen Kontrahenten vereinnahmt.

Was aber macht den Keynesianismus aus? "Staatliches Eingreifen", würden viele auf diese Frage antworten, oder "deficit spending", also das staatliche kurzfristige Aufnehmen von Schulden, um Finanzierungen tätigen zu können. Kurt Rothschild meint, Keynesianismus gibt es nicht, es gibt viele Keynesianismen.

Hör-Tipp
Dimensionen, Donnerstag, 5. Juni 2008, 19:05 Uhr

Buch-Tipps
John Maynard Keynes, "Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes" Übersetzung von Fritz Waeger, korrigiert und überarbeitet von Jürgen Kromphardt und Stephanie Schneider, Duncker & Humblot.

Kurt W. Rothschild, "Die Politischen Visionen großer Ökonomen", Stämpfli Verlag AG Bern, Wallstein Verlag Göttingen

Robert Skidelsky, "John Maynard Keynes, 1883 - 1946: Economist, Philosopher, Statesman", Pengiun Books

Reinhard Blomert, "John Maynard Keynes", rororo

"John Maynard Keynes ON AIR. Der Weltökonom am Mikrofon der BBC", nach einer Fassung der on Sir Austin Robinson und Donald Moggridge herausgegebenen "Collected Writings" zusammengestellt und übersetzt von Michael Hein, Murmann

Links
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