Die E-Mailflut

Zu viel Post

Schätzungsweise 100 Milliarden E-Mails - inklusive Spam - gehen tagtäglich durch das weltweite Datennetz. Laut einer Studie beschäftigen sich Büroarbeiter ganze zwei Stunden eines typischen Arbeitstages mit dem Lesen und Verschicken von E-Mails.

Mittlerweile gibt es eine blühende Ratgeberszene für E-Mail-Geplagte, also Bücher, Seminare und Coachings für den mailgestressten Büromenschen.

Der Unternehmensberater Gunter Meier ist E-Mail-Coach und erklärt in ganztägigen Seminaren gestressten Firmenmitarbeitern, wie sie die täglich Flut im digitalen Briefkasten in den Griff kriegen.

Weniger ist mehr

Gunter Meiers Goldene Regel lautet: Je mehr E-Mails Sie versenden, desto mehr bekommen Sie zurück. Denn jeder kann durch sein Sendeverhalten die Anzahl eingehender E-Mail beeinflussen.

Grundsätzlich sollte man den E-Mail Signalton ausschalten und die E-Mails nur drei bis viermal pro Tag zu festen Zeiten kontrollieren, rät Gunter Meier. Denn vieles in Punkto E-Mail Stress ist selbstverschuldet.

Auch Kommunikationsunfällen kann man vorbeugen. Der "Reply to all" Knopf sollte nur mit Bedacht angeklickt werden. "Internal Spamers" werden jene Menschen genannt, die wahllos gleich an alle antworten oder E-Mails in CC schicken, und damit in Firmen manchmal Server Zusammenbrüche verschulden.

Der "Informationsoverload" ist teuer

Dennoch: manche der Tipps die Gunter Meier oder andere E Mail Coachs parat haben, sind so neu auch wieder nicht. Denn aus jeder geschrieben oder eingehenden E-Mail wird im Grunde eine Empfehlung zu mehr Selbstdisziplin. Und diese Argumente kennen wir ja bereits aus der Zeitmanagementecke.

Anders gesagt: Hinter den humanistisch klingenden Argumenten zur Eindämmung der E-Mail-Flut, stecken oft ganz ökonomisch handfeste Gründe. Denn der so genannte "Informationsoverload" ist teuer. Nicht nur, weil immer mehr E-Mails versand und aufbewahrt werden und damit Server überlasten. Der Informationsfluss stört Leute auch bei ihrer Arbeit.

Laut der New Yorker IT Beratungsfirma Basex kosten Unterbrechungen, die durch E-Mails, Instant Messaging, SMS oder Handy entstehen, der amerikanischen Wirtschaft 650 Milliarden Dollar im Jahr. Betriebswirtschaftlich gesehen richten E-Mails und Co derzeit in Unternehmen also mehr Schaden an, als sie nützen.

E-Mail Konkurs

Bei wem die guten Ratschläge in Punkto E-Mail-Disziplin nichts mehr helfen, weil sich im Posteingang bereits mehrere Hundert ungelesene E-Mails befinden und täglich neue hereinströmen, hilft wohl nur noch ein Ausweg: Erklären Sie Konkurs. E-Mail -Konkurs. Schreiben sie an ihre Freunde und Arbeitskollegen, dass sie alle ungelesenen Nachrichten in ihrem Postfach bedingungslos löschen und noch mal von vorne beginnen.

Sie sind damit in guter Gesellschaft. Der Creative Commons Begründer Lawrence Lessing hat es bereits 2004 getan und viele sind ihm seither gefolgt. Die New York Times kürte daraufhin den Begriff "E-Mail Bancruptcy" zu einem der "Buzzwörter", also Wortschöpfungen, des Jahres 2007. Ob aus der Mode Kommunikationskonkurs ein Trend wird, wird sich noch zeigen.

Hör-Tipp
Matrix, Sonntag, 9. August 2009, 22:30 Uhr

Buch-Tipps
Gunter Meier, "E-Mails im Berufsalltag", Expert Verlag 2008

Günter Weick und Wolfgnag Schur, "Wenn E-Mails nerven. So bekommen Sie die Kontrolle zurück und arbeiten besser, schneller und sicherer", Eichborn Verlag 2008

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