Indien und der Pop - ein Streifzug
Karma, Mantra, Räucherstäbchen
Von den Beatles bis zum Hip Hop - die Faszination, die Indien auf die westliche Popkultur ausübt, ist ungebrochen. Sitars, Tablas und Bollywood-Stimmen verlassen immer wieder ihren traditionellen Kontext und erobern die Pop-Charts.
8. April 2017, 21:58
Paisley-Muster, Raucherstäbchen, Henna - spätestens seit der Hippie-Generation sind indische Klischees aus der Westlichen Pop-Kultur nicht mehr wegzudenken.
Von den Beatles bis zum Hip Hop hat die indische Musik Ihre Spuren in der westlichen Pop-Kultur hinterlassen.
Ravi Shankar popularisiert die Sitar
Es war Ende der 1950er Jahre, als der junge Sitar-Meister Ravi Shankar beschloss, die überreiche Musiktradition seiner Heimat im Westen bekannt zu machen. Auf seinen Konzertreisen pflegte er regen Austausch mit westlichen Musikern.
1965 traf Shankar auf die Beatles. Vor allem George Harrison zeigte sich tief beeindruckt von den musikalischen und auch religiösen Traditionen, die Shankar vermittelte und griff die Inspiration dankbar auf - fortan gehörte die Sitar zum Alltagsvokabular der Weltsprache "Pop".
Die Hippie-Generation entdeckt Indien
Bald wurde Indien von der Jugendkultur vereinnahmt, denn die "psychedelische Revolution" der Hippies dockte scheinbar mühelos an die spirituellen Traditionen des indischen Subkontinents an.
Zahllose Musiker verbanden nun quasi-mystische Botschaften und indische Sounds; Stars wie die Kinks oder The Byrds genauso wie zahllose Bands aus der zweiten und dritten Liga, darunter so obskure Namen wie The Chocolate Watchband, The Third Bardo oder The Freakscene.
Indien schlägt zurück
Bald erkannten nun auch indische Musiker, dass sich aus dem Modetrend Kapital schlagen ließ, und begannen ihrerseits, Pop-Hits zu Indisieren. Die Sitar, heiliges Instrument der indischen Musik, war zu einer exotischen Klangfarbe im schnelllebigen Pop-Vokabular verkommen.
Die ältere Generation klassischer indischer Virtuosen war erwartungsgemäß entsetzt. Auch der junge Sitar-Spieler Ananda Shankar stieß seinen Onkel Ravi gehörig vor den Kopf, als er Songs der Doors und Rolling Stones interpretierte.
Bollywood, Cornershop und der Hip Hop
Natürlich waren westliche Einflüsse auch schon davor in der indischen Musik zu finden gewesen - gerade die Bollywood-Filmindustrie griff für ihre Soundtracks immer gerne auf westliche Klischees zurück. Bollywood mixte ungeniert Wiener Walzer, Mariachi-Bläser und Flamenco-Gitarren.
Wahrscheinlich ist es nicht zuletzt dieser freche Eklektizismus, der die indische Musik seit den 1990er Jahren für Hip Hop- und R&B-Produzenten so interessant machte. Produzenten wie Timbaland verwenden immer wieder Samples aus Bollywood-Songs. Einen Welthit landete die Sängerin Truth Hurts mit "Addictive" einer Bearbeitung eines Songs der Bollywood-Diva Lata Mangeshkar.
Einer anderen Bollywoodsängerin zollte die Indo-Englische Band Cornershop Tribut: Mit "Brimful of Asha", gewidmet der Sangeslegende Asha Bhosle, wurden sie 1997 berühmt. Im gleichen Jahr ließ die Formation um Sänger Tjinder Singh mit ihrem Cover eines Beatles-Songs aufhorchen: "Norwegian Wood" war 1965 einer der ersten indisch inspirierten Popsongs gewesen. Cornershop sangen den Klassiker nun auf Panjabi und brachten ihn so gewissermaßen zurück nach Indien.
Hör-Tipp
Spielräume, Sonntag, 31. August 2008, 17:30 Uhr
Link
soundscape.info - West meets East