Die Hürden der Behörden

Yellow Fog

Am 9. Oktober 2008 ist sie in Betrieb gegangen, die Installation, die der dänisch-isländische Künstler-Star Olafur Eliasson für Wien projektiert hat. Vom Entwurf bis zur Inbetriebnahme mussten jede Menge behördlicher Hürden genommen werden.

Der Firmensitz des Verbunds Am Hof, gleich neben der Feuerwache. Entlang der Fassade zieht sich neuerdings ein Graben, abgedeckt mit einem Stahlgitter. Unter dieser unspektakulären Konstruktion verbirgt sich ein technologisches Meisterwerk: eine computergesteuerte Anlage, nun dafür sorgt, dass hier Tag für Tag, oder besser Nacht für Nacht, Nebel aufsteigt. Gelber Nebel, um genau zu sein, denn so - "Yellow Fog" - heißt Olafur Eliassons Installation, die hier seit Donnerstag, 9. Oktober 2008 zu sehen ist.

In der Dämmerung läuft die Installation zirka 20 Minuten lang, erklärt der ausführende Architekt Christian Knechtl erschöpft, aber zufrieden. Hinter ihm liegt ein dreijähriger Marathon, der ihn mit einem Dutzend Magistratsabteilungen hat verhandeln lassen. Seine Tierliebe wurde auf eine harte Probe gestellt und zum Hobbymeteorologen ist er auch geworden. Aber der Reihe nach:

Grabungsarbeiten immer wieder verschoben

Um die Nebelmaschine und die Lichtkörper zu versenken, musste, wie schon erwähnt, zuerst ein 60 Zentimeter tiefer Graben ausgehoben werden, was in der Wiener City nicht immer möglich ist. In diesem Fall waren es sehr verschiedenartige Anlässe, die mehrmals zu einem Aufschub der Arbeiten geführt haben.

"Das eine war der Papstbesuch am Hof - Bausperre", erzählt Knechtl. "Das Zweite war die EU-Präsidentschaft Österreichs 2006, wo es geheißen hat: Frühjahr bis Sommer können Sie nicht bauen. Das Dritte war der jährliche Weihnachtsmarkt."

Daneben haben natürlich auch die Anrainer ein Wort mitzureden und das waren weit mehr als erwartet. Genau 46 Anrainer waren es laut Knechtl, die von den Bauarbeiten betroffen waren, "weil sehr viele Kabel, Rohrstränge, Glasfaserkabel et cetera im Gehsteig liegen und wir das alles einzeln klären mussten".

Als dann endlich Presslufthammer und Baggerschaufel ans Werk gehen konnten, stellte der Zufall dem Projekt das nächste Bein: ein längst vergessenes Postkabel kam zutage, "was wieder bedeutet hat: Einstellung der Baustelle, weil es niemand gewagt hat, in Wien im 1. Bezirk ein Postkabel zu kappen", so Knechtl.

Hinter den Kulissen

Schauplatzwechsel. Von der Baustelle zu den Verantwortlichen hinter den Kulissen. Weil hier Kunst im öffentlichen Raum installiert wurde, erhoffte sich Christian Knechtl vom damals zuständigen Beirat Unterstützung für das Projekt. Noch dazu, weil der Ankauf der Installation ja durch den Verbund erfolgt war - und damit ohne einen Cent Steuergeld.

Der Beirat hatte damals aber anscheinend die Bedeutung Olafur Eliassons nicht erkannt, denn er reagierte auf die Einreichung zurückhaltend. Letztendlich wurde eine "Neutralstellungnahme" abgegeben, was bedeutet, "dass man nichts dagegen habe, aber man hat keine prinzipielle Empfehlung ausgesprochen", erzählt Knechtl. "Ich glaube, 2005 hat Olafur Eliasson auch noch nicht dieses Feedback gehabt, diese Aufmerksamkeit."

Gefährdete Dackel und gebauschte Röcke

Aufmerksamkeit erregte dafür aber der vermeintlich giftig-gelbe Nebel, der fortan mitten in der bewiesenermaßen Fußgänger- und tierfreundlichen Wiener Innenstadt allabendlich aus dem Boden treten sollte. Eine suspekte Substanz, die leicht zum Ärgernis werden könnte und deshalb bei den Behörden einige Fragen aufwarf, wie Knechtl berichtet:

"Was passiert, wenn Lebewesen, in diesem Fall die Dackel, die sich ja sehr erdnah bewegen, in den Bereich des Nebels kommen? Daher das toxikologische Gutachten. Das Zweite war: Was passiert mit Fiakern? Fiaker fahren da entlang. Jetzt mussten wir nachweisen, dass die Nebelemission und die Lichtemission nicht in dieser Quantität vorhanden sein werden, dass die Tiere scheuen. Die dritte Frage war: Was passiert mit Menschen, die zu Epilepsie neigen? Auch hier haben wir medizinische Gutachten. Die vierte Frage war: Was passiert mit weiblichen Menschen, die ihre Kleidung etwas weiter tragen. Wird der Nebel die Röcke bauschen?"

Die Nebelmaschinen, die übrigens von einer kalifornischen Firma stammen, die auch Disney-World mit Spezialeffekten beliefert, mussten also ins Labor, um die Fiakerkutscher und Hundebesitzer zu beruhigen. Das Problem der "vergifteten Dackel" konnte mittels eines Gutachtens behoben werden, das bestätigt, dass keinerlei toxische Substanzen im Nebel enthalten sind, denn: "Mittels Kompressoren wird die Luft aus den Rohrleitungen herausgeblasen, es ist destilliertes und entionisiertes Wasser, das Ganze mit einem Nebelflut versetzt ist, das allen medizinischen und hygienischen Gutachten entspricht", erklärt Knechtl und meint: "Die Summe der Emissionen, die hier pro Tag austritt, ist ein Minimum dessen, was zum Beispiel die städtischen Autobusse im täglichen Linienbetrieb in der Innenstadt an diesem Platz Am Hof produzieren."

Hilfe von der Hohen Warte

Der behördliche Spießrutenlauf hatte damit aber noch kein Ende gefunden, nein, das Projekt schlitterte gleich in sein nächstes wortwörtlich zu nehmendes Tief. Was passiert, wenn Tiefdruckwetter über Wien ist?, lautete die nächste Behördenfrage, mit der Knechtl konfrontiert war. "Wird der Platz am Hof zu einer großen Nebelsuppe werden? Antwort: meteorologisches Gutachten. Die Hohe Warte wird eingeschaltet, wir bekommen das Gutachten: Nein, das wird nicht passieren."

Angekündigt wurde die Eröffnung von "Yellow Fog" schon einige Male. Dass es nun tatsächlich so weit war, ist dem langen Atem von Christian Knechtl und dem Verbund zu verdanken. Stellt sich die Frage, wie viele Projekte wegen der zahlreichen behördlichen Bestimmungen schon auf der Strecke geblieben sind.