Karl Prantls Skulpturengarten in Pöttsching

Steinspuren gegen die Vergänglichkeit

Am Mittwoch, den 5. November 2008, feiert Karl Prantl, einer der wichtigsten Bildhauer der Zweiten Republik, seinen 85. Geburtstag. Seine Begeisterungsfähigkeit, seine Tatkraft und sein Kampfgeist sind aber nach wie vor ungebrochen.

Der kleine, weißhaarige Mann, mit hellblauen Augen und verschmitztem Lächeln, hat sich etwas Bubenhaftes bewahrt. Der 600 Meter lange Geländestreifen, auf dem sich heute Prantls Skulpturengarten erstreckt, hat einst seinem Großvater gehört. Das Feld und die Weichselbäume von einst gibt es nicht mehr, doch Karl Prantl hat nicht nur unzählige seiner Werke hier aufgestellt, sondern auch sorgsam neue Bäume gepflanzt, die der Wiese etwas von einem verwunschenen Kunst-Hain geben. So wie Steine weisen auch Bäume über ein Menschenleben hinaus, ist Prantls Überzeugung.

In Pöttsching, einem heute 2.700 Einwohner zählenden Dorf zwischen Wiener Neustadt und Eisenstadt, ist Prantl geboren. Hier ist er nach vielen Jahren in Wien und einem nach einem halben Jahr abgebrochenen Versuch, in die USA auszuwandern, zurückgekehrt. Im einstigen Elternhaus lebt und arbeitet er heute, doch von Rückzugsort und ruhigen Lebensabend kann keine Rede sein. Auf Schritt und Tritt begegnet man dem ungebrochenen Gestaltungs- und Veränderungswillen des Künstlers, der mit Ausdauer und Beharrlichkeit auch einen 2001 erlittenen Schlaganfall überwunden hat.

Steine, die zum Streicheln und Berühren einladen

Nach dem Krieg, im der Prantl als Soldat unter anderem in Kreta eingesetzt war, studierte er zunächst sechs Jahre bei Albert Paris Gütersloh an der Akademie der bildenden Künste in Wien Malerei, ehe er sich der Bildhauerei zuwandte. Als Bildhauer bot ihm das Material mehr Widerstand, denn der so sanft wirkende Mann, dessen Skulpturen meist von weichen Rundungen und Wölbungen gekennzeichnet sind, dessen "Meditationssteine" förmlich zum Streicheln und Berühren einladen, bevorzugt harten Stein. Vorwiegend Granite aus der ganzen Welt stehen in diesem Zaubergarten, dazwischen finden sich nur wenige verwitterte Konglomerate oder Kalk-Blöcke aus dem nahen Leithagebirge. "Die waren mir zu weich", schmunzelt der Bildhauer.

Internationales Freiluft-Bildhauersymposion

Im Steinbruch von St. Margarethen hat Karl Prantl sein eigentliches Lebenswerk geschaffen. Hier hat er 1959 das erste internationale Freiluft-Bildhauersymposion organisiert, hier hat er über Jahrzehnte im beständigen Austausch mit Kollegen aus aller Welt bewiesen, dass künstlerische Abstraktion durchaus mit politischem Engagement einhergehen kann. Und hier hat Prantl auch gezeigt, dass er im Umgang mit Politikern ein harter Dickschädel sein kann.

Gegen die regionale und nationale Geringschätzung der internationalen Arbeit von St. Margarethen hat er mit viel Energie angekämpft. Die Bedrohung dieses Erbes durch Kulturindustrie und Gedankenlosigkeit hält Prantl unermüdlich auf Trab.

Weil er gelernt hat, dass sich Politiker weniger durch lange Reden als durch kurz entschlossene Taten überzeugen lassen, hat er selbst die Dinge in die Hand genommen. Sein im Auftrag der burgenländischen Landesregierung gemeißelter "Grenzstein", Jahrzehnte lang an der österreichisch-ungarischen Grenze in Nickelsdorf aufgestellt, steht heute auf einem Hügel bei Pöttsching. Ein neben der Skulptur errichtetes Trafohäuschen hatte die Wirkung des Steines am ursprünglichen Standort zunichte gemacht, nun steht er an der burgenländisch-niederösterreichischen Grenze, einem ebenfalls Jahrhunderte lang umfehdeten Gebiet.

Österreichischer Staatspreis

Prantls Grenzstein ist aber nur eine von vielen Skulpturen, die in den vergangenen Jahren auf seine Initiative hin von St. Margarethen nach Pöttsching übersiedelt wurde. Hier ist in der sanften Hügellandschaft bisher unbemerkt von der Öffentlichkeit ein wunderbarer Skulpturenweg entstanden, mit bisher einem guten Dutzend Steine internationaler Koryphäen.

Der Kämpfer Prantl hat durch seine Initiative auch in St. Margarethen manches in Bewegung gebracht. Ein sorgsamerer Umgang mit den rund 50 verbliebenen Skulpturen im heute vor allem von Opernfestspielen genutzten Steinbruchsgelände scheint möglich. Für dieses Ziel hat Prantl auch seine langjährige Bescheidenheit aufgegeben.

Immer wieder war er als Kandidat für den Großen Österreichischen Staatspreis gehandelt worden, hat diesen aber abgelehnt, weil er lieber das Kollektiv der Bildhauer-Symposiumskollegen gewürdigt gewusst hätte. Nun nimmt er die Auszeichnung an, stellvertretend für die Kollegen, und hofft, dass die öffentliche Aufmerksamkeit rund um seinen Geburtstag und die für den 25. November geplante Staatspreisverleihung dem gemeinsamen Erbe helfen wird.

Kunst-Parcour in Pöttsching

Geht es nach Karl Prantl, wird auch die Steinspur, die er mit diesem, nach der Teilnahme bei der Biennale in Venedig 1986 begonnenen Skulpturengarten gelegt hat, weitergezogen. Schon heute benutzen die Bewohner Pöttschings das nicht abgezäunte Gelände immer wieder zum Spazierengehen. Das Areal soll aber weiter wachsen. Die Gemeinde plane, das nach hinten anschließende Feld zu kaufen, um den Kunst-Parcour zu verlängern, erzählt Prantl und weist in die Ferne.

Am Gegenhang soll seine höchste Skulptur künftig gerade noch in Sichtweite ein magisches Ziel darstellen. Bereits im kommenden Jahr könnte der zehn Meter hohe Stein aufgestellt werden, hofft Prantl, zum 50-Jahr-Jubiläum des Internationalen Bildhauersymposiums. "Fast alle Kollegen sind schon gestorben", sagt er, "aber einer muss ja weiterkämpfen."