Peter Goldstern, Pilot des Königs von Tonga

Am anderen Ende der Welt

Die Biografie von Peter Goldstern ist bewegt: In Neuseeland und Wien aufgewachsen, ging er als Student nach Boston. In den USA machte er den Flugschein und mittlerweile fliegt er mit seiner Beechcraft Baujahr 1946 Tupou V., den König von Tonga.

Den Beinamen "Friendly Islands" - Freundschaftsinseln - gab Kapitän James Cook dem Archipel von Tonga. Der Inselstaat im Südpazifik wurde bereits im 17. Jahrhundert von den Holländern entdeckt und gilt als einziger Staat Ozeaniens, der nie von den Europäern kolonialisiert wurde. Tonga ist eine konstitutionelle Monarchie mit George Tupou V. an der Spitze. Sein Palast steht auf Tónga-tápu, der größten Insel seines Königreichs, nahe der Hauptstadt Nuku'alófa.

Die Bedeutung der königlichen Herrschaft existiert auf Tonga noch weitgehend unverändert, wie zu Zeiten des ersten Monarchen George Tupou I., der am 18. November 1845 sein Amt antrat. Kritik an der Monarchie gilt als unhöflich. Der derzeit amtierende Herrscher Tupou V. leistet sich im Vergleich zu andern Staatsoberhäuptern der Region einen kleinen Luxus: Er besitzt ein Privatflugzeug samt eigenem Piloten. Der Mann, der den König von Tonga sicher durch die Lüfte transportiert, heißt Peter Goldstern.

Peter Goldstern steht vor seiner knallroten Propellermaschine auf der Rollbahn von Fua Amotu, dem Flughafen von Tónga-tápu. Sehr viel Betrieb ist auf dem kleinen internationalen Airport von Tonga nicht, aber selbst wenn es so wäre - der Pilot des Königs bekommt vermutlich immer Landeerlaubnis. Peter Goldstern ist ein mittelgroßer, drahtiger Mann in den Sechzigern. Seine Uniform besteht aus Baseball-Kappe, T-Shirt und Fliegerhose. Gerne verweist er darauf, dass sein ganzer Stolz, das leuchtend rote Flugzeug, nur sechs Jahre jünger ist als er selbst. Anders formuliert: Der Pilot kam 1940 zur Welt, das königliche Flugzeug ist Baujahr 1946. Dass es in den Besitz von König George Tupou V. kam, hat mit der Flug- und Bastelleidenschaft des Piloten zu tun.

Tonga aus der Luft
"Das Flugzeug kostet weniger als ein neuer Mercedes", sagt Peter Goldstern und erinnert daran, dass beispielsweise die bis vor kurzem amtierenden neuseeländischen Premierministerin Helen Clark immerhin eine Boeing 757 zur Verfügung hatte. Der König von Tonga begibt sich hingegen in einer zweimotorigen Beechcraft Modell 18 in die Lüfte, ein in Amerika erzeugtes Flugzeug, das besonders im Zweiten Weltkrieg zum Einsatz kam und dessen Konstruktion 1969 eingestellt wurde.

Peter Goldstern beeindrucken diese Daten nur mäßig. Zum einen hat gerade er dem König schon einmal ein Flugzeug gleicher Bauart besorgt, das war vor knapp 20 Jahren. Damals war George Tupou V. noch Verteidigungsminister und suchte ein bezahlbares Fluggerät, um das Hoheitsgewässer von Tonga aus der Luft kontrollieren zu lassen. Diesen Auftrag erledigte Peter Goldstern prompt und kostengünstig. Seither steht er im Dienste des Königs.

Unterstützt von Karl Popper
Wie der gebürtige Neuseeländer österreichischer Abstammung auf Tonga gelandet ist, das ist eine lange und abenteuerliche Geschichte: Peter Goldsterns Vater war schon in Dachau und Buchenwald interniert gewesen. 1939 verschaffte Sir Karl Popper, ein Schulfreund des Vaters, der Familie Goldstern neuseeländische Visa.

Während Karl Popper nach Kriegsende als außerordentlicher Professor an der London School of Economics zu lehren begann, kehrte Peter Goldstern mit seinen Eltern nach Wien zurück. Einige Jahre verbrachte er im 9. Bezirk, in der Lazarettgasse, dann übersiedelte er zu einer Tante nach Boston. Dort besuchte er das Massachusetts Institute of Technology, das er als Ingenieur verließ. Sein Interesse am Fliegen war erwacht, er ließ sich zum Piloten ausbilden und wollte von da an seinen Lebensunterhalt in der Luft verdienen.

Unter Wasser und in der Luft

Erstmals landete Peter Goldstern 1982 auf Tonga. Damals überstellte er für einen amerikanischen Hotelier ein Flugzeug nach Tonga. Beeindruckt von der Schönheit des Archipels, der insgesamt 169 Inseln umfasst, fasste der Pilot einen Entschluss: Er wollte an der Entwicklung der touristischen Infrastruktur teilhaben. Er bot Ausflüge in Booten und mit dem Flugzeug an, machte die Ausbildung zum Tauchlehrer und war, wie er heute meint, "einen Tag in der Luft und den andern Tag unter Wasser". Damals knüpfte er in seiner Funktion als Pilot auch er die ersten Kontakte zum Königshaus. Amtierender Monarch war damals Tupou IV., eine charismatische Persönlichkeit und Vater des heutigen Königs.

Bis 2006 regierte der Vater des heutigen Königs den Inselstaat Tonga. Die tatsächliche Krönung von George Tupou V. fand erst im Sommer 2008 statt. Als Kronprinz hatte er allerdings schon seit Jahrzehnten Einfluss auf die Geschicke der Inselbevölkerung und Peter Goldstern lernte seine Arbeit und seine Einstellung schon früh zu schätzen.

Bitte keine Ratschläge
Der Umgang mit dem König gehört für Peter Goldstern mittlerweile zum Alltag. Die Atmosphäre zwischen den beiden bezeichnet der Pilot als locker, frei von Protokoll. Das Hofzeremoniell wird nur praktiziert, wenn einheimische Besucher in den Palast kommen. Für alle Gäste im Königshaus gilt allerdings eine Regel: Spontan geäußerte Ratschläge sind nicht erwünscht.

Peter Goldstern hat sein Haus in unmittelbarer Nähe des Palastes erbaut. Das hängt damit zusammen, dass er nicht nur als Pilot beschäftigt ist, sondern im Rahmen einer Firma an der Einführung von Alternativenergie arbeitet. Nicht zuletzt die hohen Energiepreise waren 2006 auch Auslöser der Unruhen in der Inselhauptstadt. Erst langsam erholt sich das Zentrum von Nuku'alófa von diesen Ausschreitungen. Sieht man davon ab, hält Peter Goldstern sein neues Zuhause für einen der sichersten Plätze auf der Welt.

"Greifen Sie nichts an!"

Österreichische Gäste trifft er nicht so oft auf Tonga, meint Peter Goldstern. Ozeanien liege für Europäer wohl doch etwas zu weit weg von ihren Urlaubsrouten. Aber wenn schon einmal Besuch aus Österreich auf Tónga-tápu gelandet ist, dann ist der leidenschaftliche Pilot gerne bereit, die Propeller seiner roten Beech 18 für einen Rundflug anzuwerfen. Und wer im Cockpit an seiner Seite Platz nehmen darf, hat - wie der Pilot selbst - sämtliche das Flugzeug bedienende Instrumente vor sich zur Verfügung.

"Wenn Sie Angst bekommen, dann greifen Sie bitte auf keinen der Hebel, sonst bekommen wir alle Angst", sagt Peter Goldstern nicht ganz ohne Ironie, wirft seine Beechcraft an und wenige Minuten später liegt Tónga-tápu bereits einige Hundert Meter unter dem roten Flugzeug des Königs von Tonga.

Dass auch dieser Ausflug der 62 Jahre alten, roten Beech 18 ein gutes Ende genommen hat, das beweist diese Geschichte.

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Hör-Tipp
Ambiente, Sonntag, 21. Dezember 2008, 10:06 Uhr

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