Sonic Zones - Teil 3 - Zeitzone +4

Kalaschnikow-Electro

Die Reise mit Franz Pomassl und Anna Ceeh von Laton durchs elf Zeitzonen umspannende Musikterritorium, das die UdSSR ausgemacht hat, geht weiter. Wir brechen in die Zeitzone +4 auf, in das russische Ischewsk und nach Georgien und Armenien.

Sonic Zones Teil 3 zum Nachhören

Das gesamte Jahr über jeweils einmal im Monat laden Anna Ceeh und Franz Pomassl von Laton Musikerinnen und Musiker aus dem postsowjetischen Raum in ihren Club "Zone" in der Wiener Secession. Gipfeln wird diese Veranstaltungsreihe schließlich in der Veröffentlichung des Buches "Sonic Zones", das Ende des Jahres erscheinen soll.

Zeit-Ton bringt jeweils im ersten Zeit-Ton Magazin des Monats und parallel dazu auf oe1.ORF.at die Vorlese. Über insgesamt elf Zeitzonen spannt sich das Territorium der ehemaligen UdSSR, beginnend in der Zeitzone +2.

Ischewsk - Capital of Electronic Music

In Ischewsk befindet sich die Geburts- und Produktionsstätte der Kalaschnikow, und Ischewsk gilt als ein wichtiges Zentrum der elektronischen Musik, seit das britische Musikmagazin "The Wire" 2002 einen Szenereport veröffentlicht hat.

Der gute Ruf hat sich bis heute gehalten, erzählt Franz Pomassl: "Die Veranstalter haben dort dann auch wirklich internationale Gäste eingeladen, aus den USA und Europa. Damit haben sie eine Welle losgetreten, die man in dieser Größendimension nirgendwo sonst im postsowjetischen Raum findet."

Kama Records

Als zwei wichtige Protagonisten nennen Franz Pomassl und Anna Ceeh hier Alexander Youminov und Anton Yantsen, die nebst anderem das Label Kama Records gegründet haben. Dort veröffentlicht hat etwa auch die Band Stuk Bambuta, ein Projekt, das es zwar heute nicht mehr gibt, aber das in Russland noch immer in aller Munde ist, wie Franz Pomassl und Anna Ceeh erzählen.

Und das sei auch durchwegs zu Recht, denn Stuk Bambuta hätten 1991 bereits Trip Hop gemacht, allerdings ohne die Musik von Massive Attack, Portishead, Tricky und Co zu kennen.

Compilations rund um diverse Themen

Immer wieder veröffentlicht Kama Records Compilations rund um diverse Themen, 2003 ist etwa - mit Verweis auf Brian Eno - die CD "ambient 2003. music for izhevsk airport" erschienen, wo schließlich auch stilgerecht die Album-Release-Party gefeiert wurde.

Eine weitere CD trägt den Titel "kalashnikov electro". Zurzeit, so Anna Ceeh, würde Alexander Youminov gerade an einer Compilation-CD mit dem Arbeitstitel "Von Kalaschnikow zu Tschaikowsky" arbeiten: "Die Idee ist es, dass Ischewsker Musikerinnen und Musiker Tschaikowsky remixen, der ja nur wenige Kilometer entfernt in Wotkinsk geboren wurde."

Udmurtische Folklore

Noch eine letzte CD von Kama Records haben Franz Pomassl und Anna Ceeh zum Interview mitgebracht, die CD "New Songs From An Ancient Land. Buskelyos".

Sie führt hinaus ins Umland. Ischewsk würde ja in der russischen Republik Udmurtien liegen, schildern Pomassl und Ceeh, und eine von Alexander Youminovs Leidenschaften sei das Aufspüren und Aufnehmen von udmurtischer Folklore.

Wiederaufbau nach dem Krieg

Wir ziehen weiter nach Tiflis, in die Hauptstadt von Georgien. Die Menschen dort, erzählt Anna Ceeh, seien vom jüngsten Krieg noch immer schwer gezeichnet, auch die Musikerinnen und Musiker. Die Szene sei gerade am Aufblühen gewesen und nun müsse wieder von vorne begonnen werden.

Die Sache erneut in die Hand nehmen unter anderem Jorjick und Dima Dadiani von Cumbo Records. Einen Bruder von letzterem, so Pomassl, habe es in den 1990er Jahren nach London verschlagen, von wo aus er dann Tiflis mit Platten versorgte: "Man findet in der Musik aus Tiflis daher auch Verweise auf Minimal Techno, so wie man ihn aus Köln, Berlin, Detroit oder eben London kennt. Trotzdem hat die Musik ein ganz eigenes Flair."

Dima Dadiani würde für seine Musik übrigens die emulierte Version eines sowjetischen Synthesizers verwenden, ergänzt Anna Ceeh: "Es gibt hier also auf der akustischen Ebene eine Zugehörigkeit zum postsowjetischen Raum." Und Ceeh macht auch noch auf einen weiteren spannenden Musiker, nämlich Sanderik, aufmerksam.

Blitzbesuch in Armenien

Zum Abschluss noch ein kurzer Sprung nach Armenien, in die Heimatstadt der Künstlerin und Aktivistin Tsomak. Sie unterrichtet, sie tritt mit ihren Bands Inzest und Pinzette auf, sie macht Videos, Performances, Festivals und seit einigen Jahren auch elektronische Musik.

Anna Ceeh: "Tsomak arbeitet gerade an ihrem ersten Album und wollte nun noch kein Soundmaterial freigeben. Wir hoffen aber, dass wir sie ebenfalls nach Wien einladen können. Auf ihrer Homepage kann man sich schon einmal ein paar Sachen ansehen und anhören."

Hör-Tipp
Sonic Zones, die Vorlese, jeweils im ersten Zeit-Ton-Magazin des Monats

CD-Tipps
VA, "ambient 2003. music for izhvsk airport", Kama Records KMCD 013 03

VA, "kalashnikov electro", Splitrelease Kama Records / Snigiri Records

"New Songs From An Ancient Land. BUSKELYOS", Kama Records KMCD 032 08

Veranstaltungs-Tipp
Club Zone mit Jorjick und Volos, Dabelka, Mr. Belk und Anna Ceeh, Freitag, 20. März 2009, 19:00 Uhr, Wiener Secession

Links
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