Erst kritisiert, dann geliebt

140 Jahre Wiener Staatsoper

Der Staatsopern-Prachtbau an der Wiener Ringstraße wurde bei seiner Fertigstellung heftig kritisiert. Sogar der Kaiser sprach abfällig über das Haus. Nun feiert man den 140. Geburtstag des Hauses mit einer Aufführung des "Don Giovanni".

Als in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs bei Bombenangriffen die Wiener Staatsoper weitgehend zerstört wurde, schien vergessen, dass der Prachtbau einst heftig kritisiert worden war: Schon vor der Eröffnung hatte man von einem "Königgrätz der Baukunst" gesprochen. Kaiser Franz Joseph bemerkte, der Bau sehe aus, "als würde er in der Erde versinken", und Ludwig Speidel schrieb: "Das Haus liegt bei den reizendsten Einzelheiten als Ganzes so schwer und in die Erde sinkend auf seinem Platze wie ein in der Verdauung liegender Elefant".

Die Tatsache, dass sich einer der Architekten - der depressive Eduard van der Nüll - noch vor der Eröffnung des Hof-Operntheaters erhängte und sein Kollege - der schon seit einiger Zeit bettlägerige August Siccard von Siccardsburg - nur wenige Wochen später verschied, ließ die Legenden blühen. Sogleich konstruierte man einen Zusammenhang zwischen dem tragischen Los der Architekten und der vernichtenden Kritik an ihrem Bauwerk.

Ersatz für Kärntnertor-Theater

1861 hatte das Architektenduo - beide hatten auch das Wiener Sophienbad und das Arsenal geplant - nach einem Wettbewerb den Auftrag zur Errichtung eines neuen Wiener Opernhauses als Ersatz für das zu klein gewordene Kärntnertor-Theater erhalten. Ein Logentheater mit einem Fassungsraum für 2.500 Personen sollte es sein, auf dem nach der Demolierung der Basteien frei gewordenen Platz zwischen der verlängerten Kärntnerstraße und der damals neu entstehenden Ringstraße. Im Mai 1863 erfolgte die Grundsteinlegung.

"Ein Denkmal der Kunst und eine Stätte ihrer Übung" war auf der in den Grundstein eingelassenen Pergamenturkunde zu lesen. 1865 waren die äußeren Teile des Bauwerks abgeschlossen, im Frühjahr 1869 endlich auch die prunkvolle Innenausstattung, so dass am 25. Mai 1869 in Anwesenheit des Kaisers die feierliche Eröffnung mit Mozarts Don Giovanni stattfinden konnte.

Kritik an Akustik

Doch auch nach der Inbetriebnahme des Hauses wollte die Kritik nicht verstummen, man bemängelte Akustik und Sichtverhältnisse, die "stillose" Architektur und - auch heute noch durchaus nachvollziehbar - dass es versäumt worden sei, eine direkt auf das Opernhaus zuführende große Straße anzulegen, die einen beeindruckenderen Blick auf das Haus ermöglicht hätte. Doch nach und nach verstummten die kritischen Stimmen - die Wienerinnen und Wiener begannen, ihr Opernhaus ins Herz zu schließen.

Auf den Tag genau 140 Jahre nach der feierlichen Eröffnung steht nun wieder "Don Giovanni" auf dem Spielplan der Staatsoper, die 876. Aufführung des Werkes im Haus am Ring - unter der Leitung von Constantinos Carydis, prominent besetzt mit Ildebrando d'Arcangelo und René Pape als Giovanni und Leporello, mit Ricarda Merbeth und Soile Isokoski als Donna Anna und Donna Elvira sowie Michael Schade als Don Ottavio. Ö1 überträgt den Jubiläumsabend live.

Hör-Tipps
Von Tag zu Tag, Mittwoch, 20. Mai 2009, 14:05 Uhr

Don Giovanni, Montag, 25. Mai 2009, 19:00 Uhr

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Wiener Staatsoper