Im Gespräch mit Martin Schürz, Vermögensexperte

Reiche verdienen nicht, was sie verdienen

Einer der reichsten Männer dieser Welt, der Investor Warren Buffet, versprach in Gesellschaft lauter Superreicher jedem eine Million Dollar, wenn er einen höheren Steuersatz als sein Sekretär entrichtet. Keiner bekam die Million Dollar."Tax The Rich" rief daraufhin Warren Buffett.

"Reiche entziehen sich den Fragen"

In Österreich ist ebenfalls die Debatte um die Besteuerung der Reichen entbrannt. Von "Reichenfressern", vom "Reichen schröpfen", von "den armen Reichen" ist da medial die Rede. Aber wer ist eigentlich reich und wo liegt die Grenze zwischen gut situiert, wohlhabend, und wirklich reich?

Genau das untersucht Martin Schürz. Er studierte Ökonomie, Philosophie und Politikwissenschaft und arbeitet in der Österreichischen Nationalbank. Seit dem Jahr 2000 leitet er dort die Gruppe für monetäre Analysen in der volkswirtschaftlichen Abteilung. Er unterrichtet zudem an der Fachhochschule Wien und ist Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Martin Schürz ist aber nicht nur Ökonom, sondern wird auch bald seine Ausbildung zum Individualpsychologen abschließen. Die Individualpsychologie nach Alfred Adler setzt sich mit Affekten wie Hass und Hochmut, mit Ekel, Neid und Gier auseinander. Der Gier der Manager wird die Schuld an der Finanzkrise gegeben. Ist diese Betrachtungsweise nur der neidische Blick von all jenen, die eben nicht so fleißig und erfolgreich waren in den letzten Jahren?

Fehlende Balance

Manche Stimmen behaupten, dass die große Ungleichheit der Einkommen schuld an der Wirtschaftskrise ist. Schon im Jahr 2002 meinte der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman, dass für die Abkehr vom Ziel der Verteilungsgerechtigkeit zweierlei ausschlaggebend sei: Politiker wollen sich weder dem Verdacht einer Klassenkampfprogrammatik ausgesetzt sehen, noch mit Neid in Verbindung gebracht werden. Politiker neigen daher immer stärker dazu, die Interessen der Wohlhabenden zu bedienen.

Rosa Lyon: Martin Schürz, warum wenden Sie sich gegen das Reichsein?
Martin Schürz: Reiche Menschen bringen in eine Gesellschaft Gesundheitsprobleme. Richard Wilkinson hat in einem gerade erschienenen Buch auf Basis von OECD-Daten dargelegt, dass ungleiche Gesellschaften einen enormen sozialen Stress verursachen, weil der Statuswettbewerb so intensiv ist. Diese sozialen Stressfaktoren führen zu Gesundheitsrisiken. Eine zu große Ungleichheit bringt für die Gesellschaft als Ganzes schlechtere Ergebnisse.

Hör-Tipp
Im Gespräch, Donnerstag, 4. Juni 2009, 21:01 Uhr