Utopische Bibliotheken
Lesen auf der Enterprise
Von den Jedi-Archiven bis zur USS Enterprise Library - zu einem audiovisuellen Ausflug zu utopischen Bibliotheken laden die Bibliothekarin Monika Bargman und der Filmwissenschafter Robert Buchschwenter am Dienstag in die Wienbibliothek.
8. April 2017, 21:58
Von den Irrungen des störrischen Zentralcomputers "Zero", den stellarkartographischen Beständen der "Jedi-Archive" und vom sinnlichen Erwachen des Roboterbibliothekars "13B-445K" kann man am 16. Juni 2009 in der Wienbibliothek erfahren.
In ihrem audiovisuellen Vortrag "Lesen auf der Enterprise" spüren die Bibliothekarin Monika Bargmann und der Filmwissenschafter Robert Buchschwenter der Zukunft des Bibliothekswesens nach.
Von "Zarvora", "Zardoz" und "Zentapher"
Anhand filmischer und literarischer Beispiele wie Norman Jewisons "Rollerball", John Boormans "Zardoz", Terry Gilliams "Brazil", Sean McMullen "Souls in the Great Machine" oder Ernst Vlceks "Die Pforten von Zentapher" wird so manche wesentliche Frage aufgeworfen: Welche heute gängigen Speichermedien wurden im Science-Fiction Film der 1960er Jahre vorweggenommen? Wie viel Macht verleiht die Informatik? Was ist eine zerebrale Bibliothek? Und welche Klischeevorstellungen prägen das Bild der Wissensverwalter quer durch alle Zeiten?
Aussehen wie ein Bibliothekar
"Sie sah aus wie eine Bibliothekarin" heißt es etwa in Michael Crichtons "Die Gedanken des Bösen". Dass in derart knappen Formulierungen die vermeintliche Ältlichkeit, Steifheit und Strenge einer ganzen Berufsgruppe anklingen würden, ist der Bibliothekarin Monika Bargman ein Dorn im Auge.
Klassische Attribute und Verhaltensformen wie die Brille, das hochgesteckte Haar und jene seltsame Schnittmenge aus großem Wissen, Hilfsbereitschaft und einer gewissen Unfreundlichkeit würden sich hartnäckig halten - oft auch dann, wenn ein Bibliothekar ein Roboter, ein Klon oder ein Hologramm sei.
Sprechen wie ein Orakel
Spannender als einzelne Science Fiction Film-Bibliothekare findet Robert Buchschwenter die Bibliothek als System - und jene zahlreichen filmischen Inszenierungen, die die Datenverarbeitungsmaschine als allwissendes Orakel zeigen. In Filmen wie "Rollerball" werden Bibliotheken "zu sprechenden Zentralhirnen, die ein Eigenleben entwickeln, beziehungsweise von Mächten kontrolliert werden, die der normale Bibliothekar gar nicht mehr greifen kann."
Navigieren durch die Informationsflut
Vom klassischen Bild der Bibliothek als Bücherhort müsse man sich jedenfalls lösen, meint Monika Bargman. Dann könne man dem Science-Fiction-Genre einige Anregungen über die "Bibliothek der Zukunft" abgewinnen, in der man, trotz aller technischen Errungenschaften, "immer noch Bibliothekare braucht, die durch die Informationsflut führen und bestimmte Spezialkenntnisse haben, was Suche betrifft."
Von totalen und verschwundenen Bibliotheken
"Wenn etwas in den Archiven nicht verzeichnet ist, dann existiert es nicht", behauptet Jocasta Nu, Stellarkartographin und Leiterin der Jedi-Archive in George Lucas "Star Wars". Dass Wissen sehr wohl auch unabhängig von seiner Aufzeichnung weiterleben kann, macht hingegen ein Filmklassiker von François Truffaut klar - und präsentiert damit eine poetischere und letztlich wohl auch zeitlosere Utopie von Wissensbewahrung.
In "Fahrenheit 451" sei, so Buchschwenter, die eigentlich schönste Form von Bibliothek dargestellt: "Menschen dürfen keine Bücher mehr lesen, es werden Bibliotheken verbrannt - was tun sie? Sie lernen Bücher auswendig und geben sie weiter, indem sie sie anderen erzählen."
Hör-Tipp
Leporello, Montag, 15. Juni 2009, 7:52 Uhr
Veranstaltungs-Tipp
Vortrag "Lesen auf der Enterprise", Dienstag, 16. Juni, 19:00 Uhr, Musiksammlung der Wienbibliothek
Link
Wienbibliothek