Das Musikgenie als Verschwender

Mozart - Geld, Ruhm und Ehre

Mozart und das liebe Geld - das ist ein Thema, mit dessen Hilfe sich zahlreiche Legenden rund um den "armen" Mozart gebildet haben. Wie war das nun wirklich mit Mozart und dem Geld? Damit befasst sich akribisch das Buch "Mozart - Geld Ruhm und Ehre".

Ohne Göld ka Musi - na gut: aber warum denn gleich so enorm viel - und warum muss es für einen doch noch recht jungen Musiker so viel mehr sein, als etwa ein durch lange Dienstzeit zu einem solchen sich hochgedient habender Hofrat verdient? Weil's einfach der Wunsch des jungen Herrn Musikus war, der aus Salzburg nach Wien vor allem aus folgendem Grund gekommen ist: "Mein Wunsch und meine Hoffnung ist es, mir Ehre Ruhm - und Geld zu machen."

So schreibt es Wolfgang Amadé selbst aus der Reichshaupt- und Residenzstadt an seinen Vater - und er tut damit nichts anderes, als eine Äußerung ebendieses seines Vaters zu paraphrasieren, der da meinte:

"Wir hoffen von dem Talent unseres lieben Wolfgang: der gewiß alles thun wird, sich Ruhm, Ehre und Geld zu machen."

Vergleichende Studien

Prof. emeritus Günther Bauer, weiland Lehrender und Rektor an der Universität Mozarteum Salzburg, hat sich eine Heidenarbeit gemacht und die Korrespondenz der Mozartschen akribisch nach der Präsenz des Geldes durchforstet. Da jedoch weder Wolfgang Amadé noch Ehefrau Constanze willens waren, wie's damals üblich war ein Haushaltsbuch zu führen, hat der Autor vergleichende Studien angestellt, hat die durch Dokumente bekannten Einnahmen des Komponisten, Kapellmeisters und Konzertveranstalters Mozart gegengerechnet zu den damals üblichen Ausgaben fürs Wohnen, Essen und Trinken, hat Einschlägiges herangezogen von Speisekarten bis Waschzetteln. Und da geht es wirklich um enorme Summen.

In seinem letzten Lebensjahr beispielsweise hat der Komponist zwischen 3.700 und 5.700 fl verdient - zum Vergleich: der schon erwähnte Hofrat verdiente in einem Jahr zwischen 600 und 1.000 fl!

1785 berichtet er seinem Vater, dass er bei einem einzigen Auftritt im Wiener Burgtheater einen Reingewinn von sage und schreibe 559 fl erzielt hat! Die diversen Mären vom armen Komponisten, der deshalb arm war, weil er nicht erkannt worden war, wohin gehören sie demnach?

Zu Hause nichts gelernt?

Dass die Mozarts trotz des vielen Geldes die meiste Zeit ihres Lebens eben kein Geld, sondern enorme Schulden gehabt haben, das ist nicht nur durch die Bettelbriefe an maurerische Brüder bekannt. Grundsätzlich hat das Genie selbst eine geniale Ausrede - ausgerechnet seinem in pecuniariis so talentierten Vater gegenüber - bei der Hand.

"Wo hätte ich denn das geld schätzen lernen können? - ich habe noch zu wenig unter den händen gehabt. Ich weis daß wie ich einmal 20 ducaten gehabt habe, so glaubte ich mich schon reich."

Zur gefälligen Beachtung: 20 Ducaten sind 86 fl - das konnte das Jahreseinkommen eines Handwerksmeisters sein!

Diverse Extravaganzen

Hier führt der Geniale freilich seinen eigenen Geist und den väterlichen Geist der guten Einteilung gar kräftig hinters Licht: Das Geld schätzen hat Amadé durchaus gelernt, vor allem schätzte er daran, dass man es ausgeben kann. Und dazu hatte er - und in keinem geringeren Maße seine Eheliebste Constanze - in Wien reichlich Gelegenheit.

Attraktives Wohnen, gutes Essen und vorzügliches Trinken, Adäquates zum Anziehen - das macht schon ordentliche Posten im Ausgabenteil des nie geführten Haushaltsbuches aus. Dazu kommen noch diverse Extravaganzen: etwa das exzessive Heizen - Mozart liebte im Winter eine Wohnung, die auch uns heutige Verwöhnte als ziemlich überheizt vorkommen muss. Dass er gerne zwischen zwei und fünf Uhr früh komponierte, das ließ die Ausgaben für Kerzen enorm in die Höhe schnellen. Tja, ein Genie ist eben kein Hofrat, der bei Tageslicht im Büro sitzt.

Da führt der Musiker seine Familie im Fiaker in den Augarten aus, geht nach dem oft auswärts eingenommenen Mittagessen zu Freunden - nicht selten, um dort Billard oder Tarock zu spielen - mit Gewinn und enormem Verlust.

"So einen frok muß ich haben"

Mozart rechtfertigt sich in Briefen mehrmals und auffällig genug selbst. Wenn's etwa um Oberbekleidung der allerfeinsten Machart geht.

"So einen frok muß ich haben. Ich möchte alles haben, was gut, ächt und schön ist."

Hier ist anzumerken, dass "ächt" im damaligen Sprachgebrauch gleichermaßen "einzigartig" wie "teuer" bedeutet - eine Begriffsverschränkung, welche einleuchtend ist. Jedenfalls: derartige Äußerungen des Meisters erscheinen in Bauers Buch gleichsam wie Wagnersche Leit- und Erinnerungsmotive und gemahnen daran, unter welchen wirtschaftlichen Bedingungen die Mozarts lebten, dass sie auch in dieser Hinsicht mehr als begünstigt waren - durch Fleiß und Genie.

"Ewige Schönheit" hinterlassen

Es war keineswegs dieses Genie, das dem Komponisten oder seiner Gattin entgegenstand, dieser Begünstigung Beständigkeit und Sorglosigkeit zu verleihen. Günther Bauer verweist auf Joseph Haydn, der als Esterházyscher Kapellmeister kein so hohes Jahreseinkommen hatte wie Mozart in seinen Wiener Jahren, der aber doch als wohlhabender Mann aus dieser Welt schied.

Was lernen wir als verehrende Nachgeborene aus all dem? Der Autor warnt zu Recht davor, uns zu überheben oder uns gar in dieser Hinsicht für besser zu halten.

Mozart verbrauchte ca. 17 Prozent seiner Geldmittel für sein leibliches Wohl und das der Seinen. Das tun manche von uns Nachgeborenen auch. Gelegentlich ebenfalls mit "Fasanen, Kapaunen, Austern, Champagner und Kaffee." Allerdings ohne ein riesiges musikalisches Werk voll "ewiger Schönheit" zu hinterlassen.

Na eben. Mag die "ewige Schönheit" auch nicht die letzte Rechtfertigung darstellen, sie macht doch einen gravierenden Unterschied deutlich, dort, wo wir so leicht verleitet werden können zu sagen: "Ach schau der Mozart, er war auch so einer wie wir." Mag sein im Verschwenden, aber auch da ist der Unterschied, dass er nicht nur sein Geld verschwendet hat, sondern auch sein Genie - und zwar auch an uns.

Service

Günther G. Bauer, "Mozart - Geld, Ruhm und Ehre", Verlag K. H. Bock

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