Beliebt, aber wenig bekannt

Randzonen der Kreativwirtschaft

Ob Bollywood-Filme oder türkische Clubbings: die kulturellen Aktivitäten von Migranten nehmen zu. Der Großteil dieser Kulturarbeit wird aber von der Mehrheitsgesellschaft kaum wahrgenommen. Das möchte Andreas Gebesmair jetzt mit seinem Buch ändern.

Chinesische Konzerte, Bollywood-Filme und türkische Clubbings: Die kulturellen Aktivitäten der verschiedenen Einwanderungsgemeinschaften in Wien sind sehr vielfältig, aber der breiten Öffentlichkeit wenig bekannt. "Die Veranstaltungen werden jenseits der jeweiligen Communitys nur spärlich wahrgenommen", erklärte Andreas Gebesmair, Herausgeber des Buches "Randzonen der Kreativwirtschaft". Das Werk liefert eine Bestandsaufnahme der kulturellen Tätigkeiten ausgewählter Communitys in der Bundeshauptstadt.

Schlechter Zugang zu Förderungen

Der Herausgeber und sein Autorenteam untersuchten für das Buchprojekt die Aktivitäten in den türkischen, chinesischen und südasiatischen Gemeinschaften in Wien. Durch die Recherche kam Gebesmair zu dem Schluss, dass die kreativen Akteure unter speziellen Bedingungen tätig seien. "Migrantische Kulturarbeiter haben einen schlechteren Zugang zu Förderstrukturen", nannte er eines der Probleme. Außerdem hätten die Betroffenen oft mit unterschiedlichen Erwartungshaltungen zu kämpfen: Einerseits werde von ihnen gefordert, dass sie ihr Herkunftsland repräsentieren, andererseits hätten sie sich anzupassen.

Der Bogen der in "Randzonen der Kreativwirtschaft" dokumentierten Vereine und Kulturarbeiter ist weit gespannt: Die angeführten Beispiele reichen vom Kulturverein "Peking-Oper", dessen Mitglieder sich zur künstlerischen Traditionspflege in einer Privatwohnung treffen, bis hin zum Festival "Salam.Orient".

Türkische Clubbings

Festgehalten wurde auch die Vita des Eventorganisators Tanju Cengiz, der in regelmäßigen Abständen die "Turkish Delight Night" veranstaltet. Besucht werden diese Clubbings fast ausschließlich von Mitgliedern der türkischen Community. "Ich wüsste nicht, wie ich 200, 300 Österreicher zusammenbekomme", gab er bei der Buchpräsentation offen zu. Dafür fehle ihm das Gespür: "In der türkischen Gesellschaft hingegen habe ich das 'Feeling' dafür, ich beobachte was Mode ist."

Bollywood in Wien

Die einen feiern Feste, die anderen schauen Filme. "Die wichtigste Brücke für im Ausland lebende Inder zu ihrer Heimat sind Bollywoodfilme", weiß der aus Indien stammenden Filmemacher Sandeep Kumar. "Inder stehen mit den Filmen auf und gehen damit schlafen." Diese Vorliebe ist aber nicht nur der südasiatischen Community vorbehalten, auch Österreicher schauen sich die farbenfrohe Werke gerne an. "Bollywood ist Mainstream geworden", sagte Kumar. Der Inder führte beim ersten österreichischen Bollywoodfilm "Liebe ohne Grenzen" Regie, der im Frühjahr Premiere feiert. Gedreht wurde in Wien und Tirol, auch die Schauspieler stammten bis auf wenige Ausnahmen aus der Alpenrepublik.

Service

Andreas Gebesmair (Hg.), "Randzonen der Kreativwirtschaft. Türkische, chinesische und südasiatische Kulturunternehmungen in Wien", mit DVD, LIT-Verlag

LIT Verlag - Randzonen der Kreativwirtschaft