Thema Kind & Karriere bleibt ein Balanceakt

Karrieremütter - eine Vereinbarkeitslüge?

Am Montag, 8. März, ist der 100. Weltfrauentag. 100 Jahre will man nun schon die Rechte der Frauen stärken, aber noch immer verdienen sie für gleiche Arbeit weniger als Männer. Und noch immer hat Kinderkriegen einen hohen Preis. Gründe dafür gibt es viele.

Manuela Lindlbaur über Strategien für arbeitende Mütter

Montag früh um halb acht in einer Wiener Kinderkrippe. Hochbetrieb. Die meisten Mütter, die ihre Kinder um diese Zeit bringen, sind auf dem Weg zur Arbeit. Für die meisten ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein großes Thema. "Das ist schon machbar, aber auf alle Fälle mit viel Hilfe, ohne Mann, im besten Fall auch Omas oder Kindermädchen, wird es sehr schwierig", sagt Katharina Marcher. Die Mutter von zwei Kindern und angehende Ärztin hat mit ihrem Mann beschlossen, dass sie ihre Karriere wegen der Kinder erst später beginnt.

Bianca Obermaier, Mutter von einem Sohn namens Noel, hat schon Arbeitserfahrung und ist weniger optimistisch: "Es ist schon schwierig - der Noel fängt im Herbst mit der Schule an -, dass man die Kinderbetreuung organisiert, es ist eine Kostensache, die Volksschule hört um 12:00, 13:00 Uhr auf, ich arbeite aber bis 14:00 Uhr, kann ihn frühestens um 15:00 Uhr abholen.“

Die PR-Spezialistin arbeitet Teilzeit und sieht sich benachteiligt: "Mir ist schon im Vorstellungsgespräch passiert, dass man mich gefragt hat: Was machen Sie, wenn ihr Kind krank ist? Naja, zu Hause bleiben halt. Ich glaube schon, dass ich einen Job nicht bekommen habe, weil ich ein Kind habe."

Hürden beim Wiedereinstieg

Egal in welcher privaten Situation diese Mütter sind, sie hatten Glück, denn sie haben einen Kinderbetreuungsplatz - eine wichtige Voraussetzung, dass sie überhaupt arbeiten können. Für Null- bis Zweijährige sind Kinderbetreuungsplätze in Österreich aber Mangelware, das erschwert den raschen Wiedereinstieg ins Berufsleben.

Nur 16 Prozent der Kindergeldbezieher mit Kleinkindern haben einen Platz, sei es Krippe oder Tagesmutter, rechnet die Arbeiterkammer (AK) vor. Doppelt so viele sollten es laut einer Zielvorgabe der Europäischen Union sein, sagt Ingrid Moritz, Frauenexpertin der AK. Es fehlen 40.000 Plätze. Österreichweit sind die Unterschiede groß: In Wien sind 27 Prozent der Null- bis Zweijährigen in Betreuung, in anderen Bundesländern, etwa Oberösterreich nur acht Prozent.

Die fehlenden Betreuungsplätze seien der Hauptgrund, warum die meisten Mütter in Österreich lange, also mindestens zwei Jahre, in Karenz bleiben, sagt Moritz, obwohl es ja inzwischen auch kürzere Karenzmodelle gibt, die einen frühen Wiedereinstieg leichter machen sollten.

Kind ohne Karriere?

Kind und Karriere, das ist ohne den Willen der Politik, in mehr Kinderbetreuungsplätze zu investieren, nicht möglich, bestätigt auch die Personalmanagerin Manuela Lindlbaur. "Solange nicht sichergestellt ist, dass wir eine ordentliche Kinderbetreuung haben, und zwar nicht ab dem dritten Lebensjahr in einem Kindergarten, sondern ab dem fünften, sechsten Monat, wo man Kinder von 7:00 Uhr in der Früh bis 18:00 Uhr am Abend in einer qualitativen Betreuung unterbringen kann, brauchen wir über Karrieren überhaupt nicht sprechen. Da rede ich nicht nur von Frauen in Führungspositionen, sondern von der Frau, die sich in einer Vollbeschäftigung befindet.“

Auch in einem anderen Punkt sind sich die Expertinnen einig: Österreich hat auch ein kulturelles Problem mit arbeitenden Müttern. Noch immer werden viele als "Rabenmütter" abgestempelt. Ein Wort, das es übrigens in anderen Sprachen gar nicht gibt.

Schon gar nicht in Schweden. Schweden wird in dieser Debatte immer als großes Vorbild genannt. Die Schwedinnen sind nach der Geburt nach wenigen Monaten wieder im Job und bekommen im Schnitt trotzdem mehr Kinder als etwa Frauen in Österreich, Deutschland oder Italien. Wie kam es dazu?

Die Schweden hätten den Wert der Frauen am Arbeitsmarkt früher erkannt als andere Länder, erklärt Christine Mayrhuber, Frauenexpertin beim Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO. Als es in den 1960er und 1970er Jahren einen Arbeitskräftemangel gab, habe man die Frauen auf den Arbeitsmarkt geholt, während man in Österreich und Deutschland Gastarbeiter ins Land geholt habe , sagt Mayrhuber.

Dadurch hat sich in Schweden auch ein positiver Wirtschaftskreislauf entwickelt. Die Frauen verdienen Geld, das sie vor allem für die Kinder ausgeben, das verringert Kinderarmut. Die Frauen schaffen Nachfrage, damit entstehen mehr Jobs. Außerdem entstehen die notwendigen Rahmenbedingungen für arbeitende Frauen: Es gibt mehr Kinderbetreuer und Pfleger, auch das sind Jobs. Und je mehr es davon gibt, desto mehr Kinder bekommen die Frauen.

Entscheidende Einstellung

"Wir müssen gesellschaftlich, politisch, arbeitsmarktpolitisch, ökonomisch noch daran arbeiten", sagt Mayrhuber, "dass die Beschäftigung von Frauen mit Kindern ein Gewinn für die Wirtschaft ist, beziehungsweise eine Nichtbeschäftigung der Frauen eine unglaubliche Verschwendung von Wissen darstellt, für die Wirtschaft und für Betriebe.“

Das größte Anliegen der WIFO-Expertin Mayrhuber: Auch die Männer sollen an der Kinderbetreuung beteiligt werden. In Österreich sind aber laut Arbeiterkammer nur knapp fünf Prozent der Kindergeldbezieher Männer.

Probleme von Müttern im Berufsleben haben aber nicht nur mit schlechten Rahmenbedingungen von Staat, Unternehmen und familiären Bedingungen zu tun, sondern auch mit der eigenen Einstellung.

Flexibilität beim Wiedereinstieg etwa, sei gefragt, erzählt Elisabeth Dieker, Mutter einer zweijährigen Tochter und Angestellte bei der Bank Austria. Sie warnt: Egal, was man sich vorher mit dem Chef über die Rückkehr ausmache, gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise könne sich viel ändern und die versprochene Stelle sei vielleicht nach der Karenz gar nicht mehr da. Ihre Botschaft: Nicht enttäuscht sein, flexibel sein und sich auf etwas Neues einlassen.

Service

ORF.at - Frauen verdienen ein Viertel weniger

Personalberatung Lindlpower
Arbeiterkammer (AK) - Barrieren für Karrieren
Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO)