Kreolische Trommeln und Reggae in Sao Luis

Das Jamaika Brasiliens

Sao Luis de Maranhao, an der Nordküste Brasiliens, ist ein Geheimtipp. Hier treffen indigene, afrikanische und europäische Kulturen aufeinander und schaffen eine Vielzahl an Musikstilen. Zudem ist Sao Luis die brasilianische Hauptstadt des Reggae.

Insidern gilt Sao Luis de Maranhao, an der Nordküste Brasiliens, als eine der Musikhauptstädte Brasiliens. Noch ist die Stadt ein Geheimtipp, in die nur wenige ausländische Touristen und Touristinnen hinkommen. Sao Luis ist Hauptstadt des Bundesstaates Maranhao, hat knapp eine Million Einwohner und ist ein Schmelztiegel, in dem europäische, afrikanische und indigene Kultur aufeinander treffen.

Die Stadt wurde 1612 von den Franzosen gegründet und zu Ehren König Ludwig XIII benannt. Doch schon drei Jahre später eroberten die Portugiesen Sao Luis. Der Hafen wurde zum Sklavenmarkt, wo zuerst Indigene aus dem Amazonasgebiet und später Afrikaner "gehandelt" wurden, um auf den umliegenden Zuckerrohrplantagen zu arbeiten.

Eine Geisterstadt erwacht zum Leben

Am Montagabend haben wir noch das Gefühl, durch eine Geisterstadt zu spazieren. Die Regenzeit hat begonnen, fast niemand ist auf der Straße. Die wenigen geöffneten Lokale sind quasi leer. Dienstagabend sitzen bereits einige Leute vor den Bars der Altstadt. "Bar" heißt hier: ein garagenartiger Raum mit nackten Wänden und Energiesparlampen, ein paar Bierkisten, eine Holztheke, Plastiktische und -sessel auf dem Gehsteig. Und selbstverständlich laute Musik. Im Idealfall live.

Ab Mittwoch lebt die Altstadt auf und bis Freitag herrscht hier Volksfestatmosphäre. Vor zahlreichen Bars sitzen Gitarrenspieler und singen MPB-Evergreens (brasilianische Popmusik). Ein Großteil des Publikums kennt die Texte auswendig und singt mit. In einer Garagenbar spielt eine Sambaband. Ein paar Ecken weiter ist Afrika: Ein paar Männer spielen auf der Straße Tambores de Crioula (kreolische Trommeln).

Die langen phallusartigen Trommeln wurden zuerst an einem Lagerfeuer mitten auf der Straße gestimmt. Einer der Spieler hält die größte der Trommeln aufrecht stehend zwischen den Beinen. Frauen tanzen auf die Trommel zu und schwingen dabei ihre weiten bunten Röcke.

Hauptstadt des Reggae

Im Juni rund um Sao Joao (Tag des Heiligen Johannes) findet das berühmteste Festival der Stadt statt: Bumba Meu Boi, ein karnevalartiges Fest mit Musik, Tanz und Theater, das die Geschichte von Tod und Auferstehung eines Stiers erzählt.

Darüber hinaus ist Sao Luis de Maranhao die brasilianische Hauptstadt des Reggae und wird auch das "Jamaika Brasiliens" genannt. Der Reggae kam in den 1970ern direkt aus Jamaica hierher. In den Straßen der ärmeren Stadtviertel und am Strand wurden riesige Sound Systems, so genannte Radiolas, aufgestellt, die Bob Marley und Peter Tosh spielten. Einige Besitzer solcher Radiolas fuhren damals nach Jamaika und London, um Reggaeplatten einzukaufen, erzählt uns die Sängerin Celia Sampaio.

Viele Musiker und Musikerinnen aus Maranhao nahmen den neuen Rhythmus in ihr Repertoire auf. Die erste lokale Band, die ausschließlich Reggae spielte, war Tribo de Jah - bis heute eine der bekanntesten Reggaebands Brasiliens.

Black Power und Romantik

Celia Sampaio war eine der ersten Frauen in Sao Luis, die Reggae sangen. Bis heute gibt es nicht sehr viele, aber es werden langsam mehr, erklärt sie uns. Zunächst war der Reggae die Musik der Unterschichten, sprich: die Musik der diskriminierten afrobrasilianischen Bevölkerung.

"Mir hat der Reggae auch geholfen, mehr Selbstbewusstsein als schwarze Frau zu bekommen", sagt sie. Heute trägt Celia Sampaio ihre Rastazöpfe mit Stolz und ist Aktivistin der lokalen Schwarzenbewegung. Ihre bekanntesten Lieder haben Titel wie "Black Power" und "Mulher Negra" (Schwarze Frau).

Die auffälligste Besonderheit des Reggae in Maranhao ist allerdings die Art, wie man dazu tanzt. In Maranhao ist man offenbar romantischer als in Jamaika. Und so entwickelten die hiesigen Reggaefans ihren eigenen Tanzstil. In den Clubs der Altstadt und am Strand tanzt man bis heute den Reggae als Paartanz. Mit kleinen Schritten, eng umschlungen.

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