Für kraftwerk-freundlichen Bürgermeister

TIWAG mischte in Wahlkampf mit

Die Tiroler Wasserkraftwerke AG (TIWAG) will neue Kraftwerksprojekte offenbar mit allen Mitteln vorantreiben. Dokumente belegen, dass der zu 100 Prozent dem Land Tirol gehörende Energieversorger zu diesem Zweck sogar seine Finger im Tiroler Gemeinderatswahlkampf 2010 gehabt hat.

Mittagsjournal, 05.05.2010

Unterstützung gegen Ausbaugegner

Die TIWAG will ihr Speicherkraftwerk im Tiroler Kaunertal ausbauen. Das Vorhaben ist im Tal sehr umstritten. Bei der Gemeinderatswahl am 14. März hat daher die Liste der Ausbaugegner ein Drittel der Stimmen bekommen. Ein Warnschuss, mit dem der ÖVP-Bürgermeister der 600-Seelen-Gemeinde Kaunertal, Josef Raich, gerechnet hat. Raich konnte die Mehrheit und das Bürgermeisteramt halten - dank professioneller Unterstützung aus dem Umfeld der TIWAG, wie der Ötztaler Markus Wilhelm jetzt aufgedeckt hat.

"Lasse mich nicht kaufen"

Den Vorwurf, er habe sich von der TIWAG kaufen lassen, weist Bürgermeister Raich gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal zurück. Aber er lässt Fragen offen: "Was ich in Auftrag gegeben habe, hat 950 Euro gekostet. Sonst habe ich nichts in Auftrag gegeben." Sonst könne er nichts dazu sagen, er lasse sich jedenfalls von niemandem kaufen. Tatsache sei, dass er sich für die Bevölkerung und die Gemeinde einsetze.

Keine Klage geplant

Tatsache ist: Raich hat aus eigener Tasche 950 Euro für die Produktion von Drucksorten an die Firma Prologo bezahlt, die zu 51 Prozent der TIWAG-Agentur Hofherr und zu 49 Prozent dem in Tirol übermächtigen ÖVP-Bauernbund gehört. Und das ganze Drumherum an komplett ausformulierten Texten und Entwürfen für den Bürgermeisterbrief knapp vor der Wahl bis hin zum detaillierten Ablauf- und Maßnahmen-Plan für den Raich-Wahlkampf ist offenbar von der TIWAG-Agentur gekommen, was Agenturchef Hofherr zunächst gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal heftig bestritten hat. - Obwohl die von Markus Wilhelm veröffentlichten Dokumente dafür sprechen, und obwohl weder die Agentur noch die TIWAG daran denken, Wilhelm zu klagen.

Strategisches Interesse der TIWAG

Mittlerweile schließt TIWAG-Berater Hofherr nichts mehr aus. Ein Interview vor dem Mikrofon wollte er aber ebenso wenig geben wie TIWAG-Vorstandschef Bruno Wallnöfer, von dem nur der knappe Satz zitiert werden kann: Die Tiroler Wasserkraftwerke AG finanziere keine Gemeinderatswahlkämpfe. Dass man das politische Umfeld von Kraftwerksgemeinden im Auge habe, sei aber logisch, bestätigt Wallnöfer immerhin das strategische Interesse der TIWAG an der Sache. Die im Landhaus in Innsbruck übrigens stirnrunzelnd aufgenommen worden ist.

Tiroler Sittenbild

Eine Stellungnahme von Landeshauptmann Günther Platter soll kommen, ist aber noch ausständig. Im Tiroler Landtag wird eine Sonderprüfung durch den Landes-Rechnungshof diskutiert. Und in Wien prüft wie gesagt die Anti-Korruptions-Staatsanwaltschaft, ob sie sich das Tiroler Sittenbild genauer anschauen soll.