Welchen Rahmen braucht eine Kultur des Alterns

Vom Anti-Ageing zum Pro-Ageing

1,4 Millionen Menschen in Österreich sind älter als 65 Jahre, 660.000 sind älter als 75 Jahre. Wie wird über das Alter und das Altern gesprochen, wie werden Seniorinnen und Senioren in Werbung und Medien dargestellt?

Eine Tagung von "pro senectute" - einer Beratungs- und Fortbildungsinstitution für Pflegepersonal und Pflegende Angehörige - stellte vergangene Woche diese Fragen.

Alter muss positiv bewertet werden

"Pro-Ageing statt Anti-Ageing" fordert der Gerontologe, Ethiker und Theologe Heinz Rüegger vom Schweizer Institut Neumünster; die Bildungs- und Forschungseinrichtung ist Teil der Stiftung Diakoniewerk Neumünster.

"Wir leben in einer Gesellschaft des langen Lebens, wir werden sehr, sehr alt. In dieser Situation ist es ja schizophren, dass man in einer Gesellschaft immer älter wird und gleichzeitig das Alter abwertet. Pro Ageing will sagen, statt so zu tun als wäre man nicht alt, müsste eine Gesellschaft das Alter positiv bewerten. Nicht idealisieren, aber als eigenständige Aufgabe, mit ihren Chancen und Schwierigkeiten, mit ihren Defiziten und Zugewinnen ernst zu nehmen gilt."

Wie kann man das Alter aufwerten?

Dennoch ist Alt-Sein oftmals negativ besetzt und stattdessen "Anti-Ageing" angesagt: ob Kosmetik, Nahrungsergänzung, Freizeitgestaltung. Wie kann man das Alter entgegen dieser Trends aufwerten?

Heinz Rüegger meint dazu: "Goethe hat einmal gesagt, wenn man richtig alt werden wolle, dann müsse man mit Bewusstsein ein neues Rollenfach übernehmen. Für mich gehört zur Aufwertung des Alters, dass wir lernen alt sein, als eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung verstehen. Das heißt aber auch, zum Beispiel neue Formen des gesellschaftlichen Engagements zu entdecken, jenseits der Berufstätigkeit. Heißt auch sich einmischen, Partizipation in der Politik, der Kultur, im Vereinswesen."

Als Positivbeispiele des Miteinanders von Jung und Alt nennt Rüegger generationenübergreifende Projekte - wenn etwa Pflegeheime in Komplexe integriert werden - nahe bei Kindereinrichtungen, Studenten-Heimen, Einkaufsgeschäften.

Alte Menschen nicht abzuschieben, sondern zu integrieren, appelliert der Schweizer Gerontologe und Ethiker - auch um der Jüngeren willen, die derart dem Alter mit mehr Mut entgegensehen könnten - ganz ohne Anti-Ageing-Hype.

Service

pro senectute
Institut Neumünster
Statistik Austria – Bevölkerung nach Alter und Geschlecht