Medizinstudium reformieren

Ministerin Karl will Turnus abschaffen

Wissenschaftsministerin Beatrix Karl von der ÖVP will die Ärzteausbildung attraktiver machen und die Studiendauer deutlich verkürzen. Kern des Konzepts, das dem ORF exklusiv vorliegt, ist die Abschaffung des sogenannten dreijährigen Turnusdienstes. Karl will mit dieser Reform Chancengleichheit für Medizinabsolventen mit ihren ausländischen Kollegen machen und einem Ärztemangel vorbeugen.

Deutsche Kliniken werben Jungärzte ab

Angehende Ärzte aus Österreich würden von deutschen Kliniken ganz gezielt abgeworben, weil es den Turnus im Ausland nicht gibt, sagt Beatrix Karl. In Deutschland schließt sich an das abgeschlossene Medizinstudium gleich die Facharztausbildung an, daran will sich die Wissenschaftsministerin orientieren.

Ausbildung sehr lang in Österreich

Karl: "Der Turnus ist ja auf drei Jahre angelegt und meistens kommt dann noch eine Wartezeit hinzu. Erst dann schließt die sechsjährige Facharztausbildung daran an. Das ist dann natürlich eine sehr lange Ausbildungszeit und die ist viel länger als im europäischen Vergleich."

Teilapprobation

Das Aus für Turnusärzte bringt auch eine Umstellung des Medizinstudiums. Derzeit dürfen Absolventen erst praktizieren, wenn sie auch den Turnus gemacht haben. Das will Beatrix Karl ändern, indem als dritter Studienabschnitt ein klinisch praktisches Jahr eingeführt wird: "Ein Jahr, wo die Studierenden wirklich klinisch-praktisch tätig sind in der Uni-Klinik oder einem Lehrkrankenhaus. Danach soll es eine Teilapprobation geben, damit die Absolventen bereits eigenverantwortlich bestimmte Tätigkeiten durchführen können."

Als Wahlarzt arbeiten

Diese Teilapprobation soll Medizinabsolventen national und international zur Arbeit am Patienten berechtigen. Angedacht ist auch, dass man sich mit dieser Teilapprobation als Wahlarzt, also ohne Kassenvertrag, niederlassen kann.

Neu: Facharzt für Allgemeinmedizin

Neu geschaffen werden soll ein Facharzt für Allgemeinmedizin zusätzlich zu den bisherigen Fächern, für die eine sechsjährige Ausbildung notwendig ist. Für den Allgemeinmediziner sollen fünf Jahre reichen, davon vier Jahre Klinik und ein Jahr in einer Lehrpraxis im niedergelassenen Bereich. Dazu gibt es schon länger Überlegungen und sogar eine Arbeitsgruppe im Gesundheitsressort.

Kostengünstige Turnusärzte fallen weg

Dass mit den Turnusärzten für die Spitäler wichtige und kostengünstige Systemerhalter wegfallen würden, stört Ministerin Karl nicht. Im Gegenteil: "Es ist nicht mein Ziel als Wissenschaftsministerin, dass an den Universitäten billige Arbeitskräfte ausgebildet werden. Ich möchte, dass bei uns qualitativ hochwertige Ärzte ausgebildet werden, die auch gute Chancen haben."

Positive Reaktionen

Die ersten Reaktionen von Ärztekammer und Medizinuniversitäten auf den Vorschlag waren positiv. Karl will die Gespräche jetzt intensivieren und auch den Koalitionspartner für die Reform gewinnen.