"Vater der Südtiroler Autonomie "

Silvius Magnago (96) verstorben

Südtirols Alt-Landeshauptmann Silvius Magnago (96) ist tot. Er starb Dienstagfrüh im Bozner Krankenhaus. Magnago war am Freitag aus dem Rollstuhl gestürzt und hatte sich das Schlüsselbein gebrochen. In der Nacht auf Pfingstsonntag hatte sich Magnagos Zustand verschlechtert.

Prägender Politiker

Magnago begann seine politische Karriere 1947 bei der Südtiroler Volkspartei (SVP) und prägte die Partei 34 Jahre lang als deren Obmann. 28 Jahre - von 1960 bis 1988 - lenkte er die Geschicke Südtirols als Landeshauptmann.

Protestmarsch auf Bozner Präfektur

Der am 5. Februar 1914 im damals noch österreichisch-ungarischen Meran geborene Silvius Magnago wurde im Zweiten Weltkrieg schwerst verletzt und verlor ein Bein. Seine politische Laufbahn startete 1947 auf der ersten SVP-Landesversammlung. Noch im selben Jahr war der promovierte Jurist mit von der Partie, als einige hundert Südtiroler mit einem Protestmarsch auf die Bozner Präfektur, den Sitz des römischen Regierungsvertreters, gegen die Nichterfüllung des Pariser Abkommens protestierten.

Per Vorzugsstimme zum Vizebürgermeister

Im April 1948 trat Magnago als Kandidat zu den Parlamentswahlen an und fiel zum ersten - und letzten - Mal bei Wahlen durch. Zwei Monate später erhielt er bei den Gemeinderatswahlen in Bozen als SVP-Kandidat die meisten Vorzugsstimmen und wurde prompt Vizebürgermeister.

34 Jahre SVP-Obmann

Es folgten der Einzug in den Südtiroler Landtag im November 1948 und die Wahl zum ersten Südtiroler Landtagspräsidenten. Im Mai 1957 wurde Magnago als 43-Jähriger zum Obmann der SVP gewählt und löste Toni Ebner ab, der nicht mehr kandidiert hatte. Magnago stand der Südtiroler Volkspartei bis zur Amtsübergabe an seinen Mitstreiter und Nachfolger Roland Riz am 27. April 1992, also fast 35 Jahre lang, als Obmann vor.

"Los von Trient!"

Die "große Stunde" kam für Magnago am 17. November 1957: Vor rund 35.000 Südtirolern rief er auf Schloss Sigmundskron bei Bozen die legendäre Parole "Los von Trient!" aus. Das Klima im Südtirol am Ende der 50er Jahre war gereizt. Im Mai 1960 konnte Obmann Magnago auf einer außerordentlichen SVP-Versammlung nur mit Mühe eine Mehrheit für die Selbstbestimmung verhindern.

Abschluss des Südtirol-Paktes

Neben Sigmundskron 1957 war der Abschluss des Südtirol-Paktes ein zweiter wichtiger Markstein im Leben des Politikers. Einen persönlichen Triumph konnte Magnago am 22. November 1969 einfahren, als er mit hauchdünner Mehrheit als Sieger aus der über das Paket entscheidenden Landesversammlung hervorging. Nach langwierigen Autonomieverhandlungen zwischen Bozen, Wien und Rom war es dem Pragmatiker Magnago gelungen, mit einer dünnen Mehrheit von 52,8 Prozent seiner Partei das Einverständnis für das sogenannte Paket, die neue Südtirolautonomie mit ihren 137 Schutzbestimmungen, abzuringen. Peter Brugger, der Anführer der Paketgegner, beendete durch einen historischen Handschlag mit Magnago den Paketstreit. Seither gilt Magnago als der "Vater des Pakets".

Trauer und Betroffenheit

Bundespräsident Heinz Fischer: "Südtirol verliert einen höchst verdienten Politiker, der Volkspartei die Geschicke des Landes mit großem Weitblick geleitet hat". Europa verliere einen großen Politiker und eine sehr beeindruckende Persönlichkeit, so Fischer.

"Silvius Magnago war einer der großen Männer des Ausgleichs zwischen den Südtiroler Volksgruppen und einer der Väter des Südtirol-Pakets", würdigte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) den verstorbenen Alt-Landeshauptmann. Die beispiellose politische Karriere Magnagos sei wesentlich auf das Vertrauen zurückzuführen, das er schon früh bei der Bevölkerung gefunden habe und das er nie enttäuscht habe.

ÖVP-Obmann Vizekanzler Josef Pröll: Magnago habe "als Vorkämpfer des Südtiroler Autonomiestatuts erfolgreich Gegensätze überwunden und das Fundament für eine europäische Musterregion und das friedliche Zusammenleben der Südtiroler Volksgruppen gelegt."

Südtirol verdanke Magnagos Sachkundigkeit Beharrlichkeit und Verhandlungsgeschick die Autonomie, "die zu einem Modell für die Regelung von Minderheitenkonflikten in ganz Europa geworden ist", erklärt Seniorenbund-Chef Andreas Khol, Ehrenmitglied der Südtiroler Volkspartei.

Mittagsjournal, 25.05.2010