Russland verschleppt Untersuchung

Korruptionsvorwürfe gegen Daimler

Der Kampf gegen die Korruption ist ein wichtiger Bestandteil der Modernisierung Russlands - diese Botschaft wiederholt der russische Präsident Dmitri Medwedew immer wieder. Bei der konkreten Verfolgung von Bestechung sind die russischen Behörden aber wenig eifrig - sogar dann, wenn der Kriminalfall eigentlich schon gelöst ist.

Mittagsjournal, 07.06.2010

Bestechungsumme: Fünf Millionen Euro

Die Kontonummern der Bestochenen sind bekannt, die Firma die das Geld bezahlt hat bekennt sich schuldig, Folgen gibt es trotzdem keine. Das berichtet die russische Zeitung "Vedomosti" in ihrer heutigen Ausgabe. In den Jahren 2000 bis 2005 hat der damalige Konzern Daimler-Chrysler in Russland fünf Millionen Euro Bestechungsgelder an Beamte gezahlt, damit ihre Behörden sich für Mercedes und nicht für die Autos anderer Anbieter entscheiden. Betroffen sind der Fuhrpark des Kreml, mehrere Stadtverwaltungen, das Verteidigungs- und das Innenministerium.

Dolmetscher "fehlt"

Russland war kein Sonderfall: Im März hat Daimler in den USA 185 Millionen Dollar Strafe für Bestechung in 22 Ländern gezahlt und sich vollständig schuldig bekannt. In den USA ist es strafbar, wenn amerikanische Firmen im Ausland bestechen. Daimler-Chrysler war damals ein teilweise amerikanisches Unternehmen. Die russische Staatsanwaltschaft hatte an diesem Urteil kein Interesse. Erst auf persönliche Anordnung von Präsident Medwedew hat sie die Unterlagen aus den USA angefordert, wirklich ins Laufen gekommen sind die Ermittlungen aber nie. Jetzt sollen sie überhaupt eingestellt werden, da bis zu einer Frist, die heute ausläuft, kein Dolmetscher gefunden werden konnte, der die Unterlagen übersetzt.

Kein Interesse an Aufklärung

Die Ermittlungen führen das Innenministerium. Das scheint aber ebenfalls in der Liste der bestochenen Behörden auf. Russland liegt auf dem Korruptionsindex von Transparency International auf Rang 146 von 180 Ländern. Offiziell bekommt der Kampf gegen die Korruption zwar einen immer höheren Stellenwert, die Praxis zeigt aber ein anderes Bild: Laut der offiziellen Gerichtsstatistik wurden viermal mehr Menschen verurteilt, die bestochen haben, als Beamte, die sich haben bestechen lassen. An der Verfolgung ihrer Kollegen haben die Behörden offenbar kein großes Interesse. Im Fall Daimler wird sich zeigen, ob Präsident Medwedew erneut ein Machtwort spricht, und sich doch noch ein Dolmetscher zur Übersetzung der Unterlagen finden lässt.