Der Fotograf Heinrich Kühn

Kühner Kosmos

Er gilt als einer der Begründer der Kunstfotografie. Jetzt widmet die Wiener Albertina dem Wahlösterreicher Heinrich Kühn eine umfassende Schau. Begleitet wird die Ausstellung von einem Verkaufsprogramm in der Wiener Galerie Kargl.

Kultur aktuell, 10.06.2010

Eigenwillige Technik

Es sind tatsächlich Fotos. Strotzend vor reliefartigem Farbauftrag, gefasst in dicke Holzrahmen, unscharf: Heinrich Kühn wollte sich beim Fotografieren nicht in der Verwendung künstlerischer Mittel einschränken lassen. Dem wahlösterreichischen Begründer der Kunstfotografie (1866-1944) widmet die Albertina ab Freitag bis zum 29. August die weltweit bisher umfassendste Personale: Mehr als 150 Werke zeigt die weitläufige Schau, schlüsselt die eigenwillige Technik des "Gummidrucks" auf und bettet Kühns "Vollkommene Fotografie" in einen biografischen wie kunsthistorischen Kontext.

Der Aufwand war enorm: Eine Mischung aus Farbe, Salz und Klebstoff wird auf das Zeichenpapier aufgetragen, die Negativplatte aufgelegt, dann stunden- oder auch tagelang belichtet. Das Verfahren kann beliebig oft wiederholt, Farbpigmente schichtweise hinzugefügt oder abgekratzt, die Farben frei ausgewählt werden. "Es schaut nicht zufällig aus wie ein Aquarell oder eine Druckgrafik", erklärt Kuratorin Monika Faber.

Rühmte sich die fotografische Technik immer präziserer Aufnahmeformen, übten sich Kühn und seine Kollegen in einer liebevollen, malerischen Unschärferelation: Ähnlich dem Pinselstrich der Impressionisten hüllten die "Pictoralisten" der Jahrhundertwende ihre Motive ganz ein in einen milchigen Schleier künstlerischer Vision.

Konkurrenz zum Gemälde

Das weiße Passepartout lehnte er ab, in schweren Rahmen sollten seine Fotografien mit Gemälden konkurrieren können. Landschaften zunächst, immer wieder dieselben Motive, zu verschiedenen Jahreszeiten, in verschiedenen Farben, dann auch Porträts, Akte, "Pseudoschnappschüsse", für die seine Modelle die gewünschten Szenen penibel darstellen mussten. Eigenes Gewand zum Fotografieren gab es für seine liebsten und häufigsten Motive: Seine Kinder und das Kindermädchen Mary Warner. Der ernste Walther, der hübsche Hans, die freundliche Edeltrude, die süße kleine Lotte - die Unberührten in der unberührten Natur, die roten und blauen Farbkleckse in der grünen Wiese.

Einen wahren Kühn-Kosmos haben die Kuratorinnen Monika Faber und Astrid Mahler aus Sammlungen aller Welt zusammengetragen, haben sie ergänzt um Werke seiner Freunde und Einflüsse wie Hans Watzek, Edward Steichen und Alfred Stieglitz, haben seine Lebensstationen von Dresden nach Tirol, von seiner 1904 verstorbenen Frau Emma zur späteren Gefährtin Mary Warner in Bildern dargestellt und die unüberschaubare Menge an Arbeiten nach schlüssigen Themen eingeteilt. Nach dem Sommer wandert die Schau weiter ins Musee d'Orsay Paris und in das Museum of Fine Arts in Houston/Texas.

Wer sich in Kühns Fotos im Museum verliebt hat, findet unterdessen in Georg Kargls "Box" rund 40 weitere Arbeiten aus der Berliner Galerie Kicken zum Verkauf - mit Preisen zwischen 10.000 und 100.000 Euro. "Einmal Kühn, immer Kühn", nennt sich die Schau und passend zum Titel sind hier die wichtigsten und lebenslangen Motive Kühns versammelt: Landschaften und seine Kinder. Zum Angreifen plastisch und gleichzeitig entrückt unscharf ist etwa die von Schafen bevölkerte Weide - kostet heute aber immerhin 110.000 Euro. Porträts seiner Lieben und späte Stillleben sind rund um die 30.000 Euro zu haben.

Text: APA, Audio: ORF

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Albertina - Heinrich Kühn
Georg Kargl - Einmal Kühn, immer Kühn