Neues Projekt gegen organisierte Kriminalität

Kampf gegen die "Balkanroute"

Der Begriff "Balkanroute" für den internationalen Drogenhandel steht für die große Herausforderung, die Südosteuropa Österreich im Kampf gegen die organisierte Kriminalität bereitet. Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) hat in Albanien den Startschuss für ein neues Projekt gegeben, das die internationale Polizeizusammenarbeit deutlich verbessern soll.

Mittagsjournal, 25.06.2010

Bessere Zusammenarbeit

Auch am Balkan kennt die Organisierte Kriminalität weder nationale Ressentiments noch bürokratische Schranken, sondern operiert grenzüberschreitend und gewinnorientiert. Was das für Österreich bedeutet, zeigt die Kriminalstatistik. So geht nach Angaben des Innenministeriums die Eigentumskriminalität zu 50 Prozent auf das Konto internationaler Banden aus Ost- und Südosteuropa. Österreich unterstützt daher am Balkan die Reform von Polizei, Justiz und Zoll, die auch besser zusammenarbeiten sollen.

Koordinationsstelle

Die Zusammenarbeit der internationalen und europäischen Polizeiorganisationen ließ bisher zu wünschen übrig. Dieses Manko soll durch das Projekt ILECU ebenfalls beseitigt werden, das Österreich mit Slowenien und Rumänien in sechs Balkan-Staaten implementiert. ILECU steht dabei für International Enforcement Coordination Unit, und ist somit eine Koordinationsstelle zur Strafverfolgung.

ILECU in Tirana

Die erste derartige Stelle hat Innenministerin Maria Fekter vorgestern in der albanischen Hauptstadt Tirana eröffnet. Die konkrete Arbeit von ILECU erläutert Generalmajor Gerhard Lang vom Innenministerium: "Da kommt eine Information, dass Schlepper daher kommen, die Suchtgift schmuggeln. Dies Information bekommt ILECU Tirana. Sie überlegen sich, wer diese Infos braucht: FRONTEX als Grenzpolizei, Interpol als Weitergabe für ihre Zielländer, das braucht EUROPOL für die Analyse, das braucht SIRENE für die Fahndung usw. Und ILECU schickt die Info dann automatisch dorthin."

ILECU in sechs Balkan-Staaten

Drastisch beschleunigen soll ILECU den Informationsfluss zwischen den Polizeibehörden. So dauerte es nach Schätzungen des Innenministeriums bisher zwei Tage, bis etwa die Polizei in Graz von einer Drogenlieferung aus Sarajewo in Bosnien informiert wurde. Mit ILECU soll diese Information binnen zwei Stunden von Sarajewo nach Graz gelangen. Bis kommenden Februar soll ILECU in sechs Balkan-Staaten implementiert sein.

Gemeinsame Standards schaffen

Voraussetzung dafür sind gemeinsame Standards, sagt Gerhard Lang: "Das heißt einheitliche Sprache, das heißt Datenschutzrichtlinien vereinheitlichen. Es müssen bestimmte Standards im Datenschutz eingehalten werden, sonst ist niemand bereit, Informationen herzugeben. Weiters braucht es einheitliche Personalauswahl. Es geht nicht, dass ich Personen arbeiten lasse, die beispielsweise von Polizeiarbeit keine Ahnung haben oder nicht mehrsprachig sind. 24/7, das heißt, eine rund um die Uhr Erreichbarkeit. Es hat keinen Sinn, wenn ich eine ILECU baue, die von Montag bis Freitag arbeitet, sondern ich brauche rund um die Uhr eine Ansprechstelle."

Netzwerk im Kosovo

Geplant ist bereits das Folgeprojekt ILECU 2, in das der Kosovo und die Türkei eingebunden werden sollen. Das Innenministerium sieht im Kosovo ein Logistiknetzwerk für die Organisierte Kriminalität. Doch für die Teilnahme des Kosovo gilt es Hürden besonderer Art zu überwinden, weil Serbien, das ebenfalls an ILECU teilnimmt, die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkennt.

Statusfragen behindern Effizienz

Die Probleme mit dem Kosovo reichen bis in die Sprachregelungen, schildert Gerhard Lang: "Es darf nicht heißen, dass es ebenfalls ein Beneficery-country ist, weil der Kosovo ist kein Land für Serbien, also müssen wir es anders betiteln. Zweitens: wir haben überall die Flaggen in unserem Projekt genommen und es geht nicht, dass man die Flagge vom Kosovo dazu nimmt. Aus dem Grund haben wir im neuen Programm keine Flaggenbezeichnungen."

Diese Flaggenfragen lassen befürchten, dass es noch dauern wird, bis die grenzüberschreitende Polizeiarbeit annähernd an die Effizienz der Organisierten Kriminalität herankommt, die zwischen Serbien und dem Kosovo unbelastet von Statusfragen operiert.