Dakars "Monument de la Renaissance Africaine"

Stolzen Hauptes? Weit gefehlt!

Ein riesiges Monument wurde anlässlich der 50-jährigen Unabhängigkeit Senegals in Dakar errichtet. Mit über 49 Metern Höhe gilt die "Renaissance Africaine" als die höchste Statue der Welt - und wird nicht nur von Künstlern heftig kritisiert.

Dollarmillionen für Kupferhelden

Gemäß dem Auftraggeber, dem senegalesischen Präsidenten Abdoulaye Wade, soll das "Monument de la Renaissance Africaine" den Aufbruch des afrikanischen Kontinents in ein neues Zeitalter symbolisieren: die afrikanische Wiedergeburt.

Doch das Monument ist ungeliebt. Als zu teuer, unafrikanisch, stalinistisch und unislamisch wird es kritisiert. Die Eröffnung im April 2010 wurde von Demonstrationen begleitet.

Die Kosten für die mit einer drei Zentimeter dicken Kupferschicht ummantelten Figurengruppe belaufen sich auf rund 27 Millionen Dollar - eine immense Summe, die angesichts der Armut und der Arbeitslosigkeit im Senegal auch besser investiert werden könnte.

In Dakar hält man die Statue für entbehrlich.

"Es gibt andere Prioritäten, etwa Arbeitsplätze für die Jungen zu schaffen", meinen Bewohner der senegalesischen Hauptstadt.

Anachronistische Bilder?

Die Skulptur zeigt einen muskulösen Mann, mit einem Arm eine spärlich bekleidete Frau nach sich reißend, und im anderen ein Kleinkind haltend. Ausgerichtet ist die Skulptur - am Ufer der Halbinsel Dakar positioniert - zum Meer blickend, also gen Amerika strebend und den Rücken dem afrikanischen Kontinent zugewandt.

Das Frauenbild als willenloses Anhängsel entspricht nicht dem Status der Frau in der afrikanischen Gesellschaft, zudem werden hier Kinder nicht wie Trophäen behandelt, empört sich der Künstler Sea Diallo.

Barbusig voranschreitend

Die übertriebene Größe und die heroische Pose erinnern an Monumente totalitärer Regimes, etwa an stalinistische Statuen aus den 1930er Jahren. Wenig verwundert, dass die afrikanische Version von Baumeistern aus Nordkorea hergestellt wurde.

Protest kam auch von moslemischen Glaubensführern, wie der Kellner Abdoulaye erzählt: "Die Imams kritisieren die Statue, weil sie nicht mit den islamischen Vorschriften übereinstimmt. Dabei sind 90 Prozent der Bevölkerung Moslems. Sehen Sie sich die Frau an: Sie ist praktisch nackt. Mit unserem Glauben passt das nicht zusammen."

"Senegal hat keinerlei ökonomische Beziehungen zu Nordkorea - bis auf dieses Monument."

Der Ethnologe Thomas Fillitz über die nordkoreanischen Urheber

Privater Nebenverdienst

Entworfen wurde das Monument von einem Architekten, dem Präsident Wade die geistigen Urheberrechte abgekauft hat: 35 Prozent der Erlöse, etwa durch Eintritte und Reproduktionen, gehen daher in seine Privatkasse.

Der Künstler Sea Diallo ist auch über die Vergabe des Auftrags entrüstet: "Als Künstler kann ich sagen, es wäre besser gewesen, den Auftrag öffentlich auszuschreiben, also wenn eine Jury aus eingereichten Entwürfen den besten gewählt hätte. Das hätte der üblichen Vorgangsweise entsprochen, und es hätte ein wesentlich interessantes Resultat gezeitigt. Ich möchte die Statue nicht aus ästhetischen Gründen verurteilen - aber das Prozedere war sicher ein Fehler."

Französische Parallelen

Einer der wenigen Bewohner Dakars, die sich positiv über das ungeliebte Monument äußern, ist Phillippe. Für ein sehr schönes Monument hält er es: "Es erinnert mich an das Pariser Centre Pompidou - auch dieses Gebäude hat polarisiert. Ich persönlich liebe es, weil es außerordentlich und gewagt ist. Das mag ich auch an der Statue in Dakar: Sie ist ebenfalls schockierend und seltsam. Das gefällt mir sehr gut."

Parallelen mit Pariser Bauwerken gibt es auch insofern, als die monumentale Statue von Dakar der Tradition französischer Politiker folgt, sich selbst ein Denkmal zu setzen - das Centre Georges Pompidou war ebenso ein präsidentielles Prestigeprojekt, wie Francois Mitterands Glaspyramide vor dem Louvre oder das Musée d’Orsay auf Initiative von Valéry Giscard d'Estaing.

Krönung der Autobahn

Die Errichtung des Monuments in Dakar markierte die Fertigstellung eines verkehrstechnischen Großprojektes, das unter Präsident Wade in der westafrikanischen Millionenstadt Dakar umgesetzt wurde: Die für Pendler dringend notwendige Autobahnen entlang der Ränder der Halbinsel als Zufahrtswege zur inneren Stadt.

Für Phillippe geht darin das Konzept der "Afrikanischen Renaissance" auf: "Diese Renaissance findet tatsächlich statt: eine Vereinigung von Tradition und Moderne. Die Statue ist die Krönung der neu gebauten Autobahn an der Westküste von Dakar - sie schließt diese städtebaulich ab. Und niemand dachte, dass die neue Autobahn tatsächlich umgesetzt werden könnte."

Monument für sich selbst

Präsident Wade will an Leopold Sedar Senghor anschließen, der Senegal in die Unabhängigkeit führte, von 1960 bis 1980 Präsident war und bis heute die Ikone der Senegalesischen Kultur ist. Das ideelle Konzept der "Afrikanischen Renaissance" ist dabei keine Erfindung des senegalesischen Präsidenten. Wie der Ethnologe Thomas Fillitz erläutert, wurde das Konzept der "Renaissance Africaine" erstmals 1994 in Südafrika nach den Wahlen von Thabo Mbeki formuliert.

"Der Begriff hat eine sehr starke kulturpolitische und ökonomische Bedeutung: Bildungssystem ausbauen, lokales Wissen - das jetzt nicht westliches Wissen ist - und Techniken anerkennen und vermehren, ökonomische Entwicklung, Festigung der Demokratie, Einbindung von Dorfgemeinschaften in internationale Netzwerke und noch einige andere Punkte", sagt Fillitz. "Für dieses Konzept steht die Skulptur symbolhaft."