Zapatero im Konflikt mit der spanischen Kirche

Das Verbot religiöser Symbole

Die Regierung in Madrid plant eine Verschärfung des Religionsgesetzes, die den säkularen Charakter Spaniens unterstreichen soll. Der Gesetzestext will die Neutralität gegenüber Religionen wahren und jede Vermischung zwischen Staat und Kirche vermeiden.

Finanzministerin Elena Salgado bei der Vereidigung im April 2009

Zurückdrängen von Kreuz und Schleier

Nicht nur das Kreuz als Symbol christlicher Religionen soll in Zukunft aus dem öffentlichen Leben Spaniens verschwinden, auch die Bekleidungsvorschriften islamischer Gläubiger werden in Frage gestellt: Einigen Gemeinden Kataloniens wollen den Gebrauch von Ganzkörper- oder Gesichtsschleiern einschränken.

Während rechte Parteien mit Verbotsparolen den Wahlkampf für die Regionalwahlen in Katalonien anheizen und ein Verbot von Burka und Niqab fordern, hat sich Barcelonas sozialistischer Bürgermeister für ein Verbot nur in Amtsgebäuden und öffentlichen Einrichtungen ausgesprochen: Frauen mit Vollschleier oder verhülltem Gesicht sollten in Zukunft am Betreten von Ämtern und Behörden, Museen oder Kindergärten gehindert werden.

Auch Spaniens Justizminister sieht in der Burka ein Kleidungsstück, das mit der Menschenwürde nicht vereinbar sei und den Behörden die Feststellung von Personalien unmöglich macht.

Nach Ansicht der Vertreter der muslimischen Glaubensgemeinschaft in Katalonien würde das von Justizminister Caamano geplante Gesetz die Religionsfreiheit "einschränken". Sie planen eine Klage vor dem spanischen Verfassungsgericht.

Bruch mit der Tradition

Nicht nur Spaniens Muslime, deren Zahl inzwischen auf rund eine Million angewachsen ist, fürchten Nachteile durch das neue Religionsgesetz. Auch die Katholiken fühlen sich im Visier des Gesetzgebers: Die Symbole ihres Glaubens, der in Spanien über Jahrhunderte den Rang einer Staatsreligion einnahm und mit Kruzifixen in Schulen, Krankenhäusern oder Amtsstuben allgegenwärtig war, sollen aus dem Alltag verschwinden.

Der Priester und Historiker Juan Carlos Martinez meint, dass eine Tradition, die 20 Jahrhunderte zurückreicht, abhandenkommen könnte. "Es ergibt keinen Sinn", so Martinez, "die historischen Wurzeln Spaniens zu unterdrücken."

Werden Spaniens Minister vereidigt, legen sie den Amtseid vor einer Bibel und einem Exemplar der Verfassung ab. Die Eidesformel kann entsprechend der persönlichen Überzeugung gewählt werden - entweder als Schwur auf die Bibel oder als "Versprechen bei meinem Gewissen und meiner Ehre". Diese Formel wählte Finanzministerin Elena Salgado.

Unübersehbar und von den Kameras im Bildvordergrund groß abgebildet das stattliche Kruzifix, das bei den Angelobungszeremonien im königlichen Palast immer dabei ist. Das soll sich ändern. Im Entwurf für das so genannte "Gesetz zur Freiheit des Gewissens und der Religion" steht zu lesen: "Staatsakte und Feierlichkeiten, die von den öffentlichen Behörden abgehalten werden, müssen so gestaltet sein, dass sie keinen religiösen Charakter haben."

In dem zum Ende der Franco-Diktatur noch als streng katholisch beschriebenen Land nennen sich immer noch 77 Prozent der Bevölkerung katholisch: Drei Viertel der Paare heiraten vor dem Altar und taufen ihre Kinder. Für viele endet aber damit der Kontakt zur katholischen Kirche.

Für die wachsende Gemeinde evangelikaler Christen bietet das neue Religionsgesetz die Möglichkeit, eine historische Benachteiligung gegenüber den Katholiken zu korrigieren.

Reform oder Ablenkung?

Premierminister Zapatero, der versprochen hatte, Spanien in seiner Amtszeit "grundlegend zu verändern", machte sich bereits im Jahr seines ersten Wahlsieges 2004 an die Reformarbeit: Die sozialistische Regierung legalisierte die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern, ein neues Abtreibungsgesetz erlaubt den Schwangerschaftsabbruch bis zur 14. und in Ausnahmefällen bis zur 22. Woche; Jugendlichen ab 16 können ohne Zustimmung der Eltern abtreiben.

Der Konflikt mit der katholische Kirche wird nach Ansicht des Herausgebers der katholischen Zeitschrift "Ecclesia" von Premier Zapatero bewusst geschürt: Um von der aktuellen Wirtschaftskrise, den Zweifeln an der Kreditwürdigkeit Spaniens oder seinen sinkenden Sympathiewerten abzulenken, setzte Zapatero auf Konfrontation, meint Jesus de las Heras: "Da kommt der Verdacht auf, dass dieses Gesetz aus der Schublade gezogen wird, wenn gewisse politische oder soziale Umstände das zweckmäßig erscheinen lassen."