Die simulierte Reise

Sol 1: Der Mars in der Wüste

Ein Truck der US Air Force bringt die Astronauten der Mars Society auf den Roten Planeten, mitten in der Wüste von Utah. Für die nächsten Wochen wird ein großer Zylinder, einem Modul der Internationalen Raumstation ähnlich, das Zuhause der Mars-Crew sein.

Herausforderung Weltall

US-Präsident Barack Obama hat es im April, während seines Besuchs des Kennedy Space Centers in Florida, klargemacht: Der Mars ist das nächste logische Ziel der bemannten Raumfahrt. Doch bevor sich Europa, die USA oder Russland an die Entwicklung entsprechender Raketen und Raumschiffe machen, gilt es, ein anderes Problem als das der Technik zu lösen - nämlich das der mentalen Befindlichkeit der Mannschaft, die drei Jahre lang auf engstem Raum zusammengepfercht sein wird.

Seit dem 4. Juni läuft in einem Forschungslabor bei Moskau das Experiment "Mars 500", in dessen Verlauf eine sechsköpfige Mannschaft 520 Tage lang die Hin- und Rückreise zum Roten Planeten durchspielt und die damit verbundenen psychischen und physischen Folgen am eigenen Leib erfährt. Und im US-Bundesstaat Utah - etwa vier Autostunden von Salt Lake City entfernt - betreiben die Mars Society und die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA ein Habitat, in dem bemannte Missionen zu anderen Welten simuliert werden: die Mars Desert Research Station.

Ich habe zwei Wochen an Bord dieses Habitats verbracht und berichte in den nächsten 14 Tagen aus der Mars-Station in der Wüste.

Ab in die Wüste

Diesmal ist nicht der "Adler" gelandet, sondern Big Blue - ein blauer, 23-jahre alter Truck der US Air Force, der die Astronauten der Mars Society auf den Roten Planeten bringt. Denn genauso sieht es hier aus: Wir sind mitten in der Wüste von Utah, aber die Landschaft erinnert an die Bilder, die die beiden Mars-Rover Spirit und Opportunity seit sechs Jahren zur Erde schicken.

Hinter einem der roten Mars-Hügel dann: das Habitat - unser neues Zuhause für zwei Wochen. Es besteht aus einem großen Zylinder, einem Modul der Internationalen Raumstation nicht ganz unähnlich. Er steht aufrecht und besteht aus zwei Etagen: Unten arbeiten die Wissenschaftler, oben wohnen sie.

"Home is where the Hab is"

Die Schleuse ist der Schlüssel zum bewohnbaren Teil des Habitats. Eine Spende der US-Navy, angeblich atombombensicher. Hier soll sie die Station vor Skorpionen und Pumas schützen, auf dem Mars den bewohnbaren Teil von der lebensunfreundlichen Außenwelt abschirmen.

Einmal links angefasst und einmal rechts, einmal gedrückt, einmal gezogen - und das Tor zur bewohnbaren Mars-Oase öffnet sich. Innen erwartet uns Crew 44, bereit zur Abfahrt. "Wir packen unsere Sachen und fliegen zurück zur Erde", scherzt Andrew Jason Dunford, sichtlich traurig über das Ende von "Expedition Beta".

Er habe nicht erwartet, dass die acht "Astronauten" so gute Freunde hätten werden können in den letzten zwei Wochen. "Aber auf diesem begrenzten Raum muss das Zusammenleben einfach funktionieren", bilanziert der Kanadier die zu Ende gehende Expedition.

Ein Kommen und Gehen

Fliegender Wechsel auf dem Mars. Und so voll ist es mit 13 "Astronauten" hier denn auch selten. Crew 44/Expedition Beta - eine rein kanadische Mannschaft - kehrt zurück zur Erde, die deutsch-kanadisch-amerikanische Crew 45/Expedition Artemis übernimmt.

"Die gesamte Station ist sehr realistisch aufgebaut", so Dunford. Der Raum sei begrenzt, mit Energie und Wasser müsse sparsam umgegangen werden." Und die lästige Mühe, bei jedem Ausstieg in die Wüste einen Raumanzug anzuziehen, habe er als selbstverständlich empfunden, "denn man kann auf dem Mond auch nicht einfach ungeschützt herumspazieren."

Sol 1, der erste Tag, die Übergabe auf dem Mars. Wir überprüfen das Habitat auf Sauberkeit, schießen Fotos, vergleichen die Instrumente. Derzeit scheint alles zu funktionieren: der Wasser-Kreislauf, der Stromgenerator, der Internetzugang. Commander Kokh übernimmt, Commanderin Battler geht von Bord.

Einen Sandsturm auf dem Mars habe Crew 44 erlebt, so die bisherige Hausherrin im Habitat. Außenbord-Einsätze hätten abgesagt werden müssen. Stattdessen habe die Crew von innen dem Heulen des Windes gelauscht und sich gefragt, ob das Dach sich von der Station lösen werde. Ganz schön Furcht einflößend sei dies gewesen, sagt die junge Kanadierin.

Crew 44 kehrt mit dem "Raumschiff" Big Blue zurück zur Erde. Wir bleiben hier - derzeit sechs Astronauten, auf dem Weg in den ersten Stock, in die Arbeitsetage. Die Experimente beginnen.

Service

Mehr zum Mars in science.ORF.at

NASA
The Mars Society
The Moon Society
Wikipedia - Sol (Marstag)