Die "slawische Seele"

Das Konzert

Zwischen Drama und Komödie bewegen sich die Filme Radu Mihaileanus. Auch für das neue Werk des aus Rumänien stammenden Regisseurs jüdischer Abstammung trifft dies zu: "Das Konzert" erzählt von einer turbulenten Verwechslung und der Reise eines russischen Orchesters nach Paris.

Kultur aktuell, 13.08.2010

Breschnew ist schuld. Mit seinem antisemitischen Verhalten hat er vor 30 Jahren einen Triumph des Bolschoi-Orchesters zunichte gemacht. Dirigent Andrej Filipov, der sich einst weigerte, jüdische Orchestermitglieder zu entlassen, ist seither nur mehr als Putzkraft im Bolschoi-Theater tätig, bis sich eines Tages eine neue Chance bietet: Filipov fängt ein Fax des Pariser Le Théâtre du Châtelet mit einer Konzertanfrage an das Bolschoi-Orchester ab und beschließt, mit seiner alten Truppe anstelle des offiziellen russischen Orchesters nach Paris zu fahren.

Flucht nach Israel

Falsche Identitäten und die Vorspiegelung von falscher Wirklichkeit. Kleine Lügen, die notwendig sind, um sich gegen ein viel größeres Unglück zur Wehr zu setzen. Nach diesem Strickmuster hat der aus Rumänien stammende und in Frankreich lebende Regisseur Radu Mihaileanu schon bisher Filme gemacht, etwa 1998 "Zug des Lebens", in dem Juden zwecks Flucht vor den Nazis ihre eigene Deportation in einem Zug vortäuschten. Diese Tricks hätten auch etwas mit seinem eigenen Leben zu tun, erzählt Radu Mihaileanu: "Auch ich bin einst aus Rumänien geflüchtet, indem ich vorgab, Urlaub in Israel machen zu wollen."

Überhöhte Darstellung

Nun soll ein fingiertes Bolschoi-Orchester Tschaikowskys Konzert für Violine und Orchester D-Dur in Paris spielen. Nicht nur, dass die französische Hauptstadt ein persönliches Geheimnis des Dirigenten Filipov birgt, bis die chaotische Truppe im Konzertsaal sitzt, sind einige Hürden zu überwinden. Denn Flüge müssen vorab finanziert, Pässe und Visa besorgt werden, ein Spielfeld für originelle Ideen an der Grenze zur Kleinkriminalität.

Dann ergibt sich ein Transportproblem, und auch in Sachen Alkohol lässt man die wie immer wieder betont wird "slawische Seele" zur Geltung kommen. Dinge, die zwar eine Entsprechung in der Wirklichkeit hätten, aber in einer Komödie überhöht dargestellt würden, meint Radu Mihaileanu.

Bewegendes Finale

Mit einem Hang zum Klamauk, mit sarkastischer Polit-Kritik, aber nicht immer frei von Pathos, dirigiert Radu Mihaileanu sein Film-Ensemble, inklusive eines musikalisch und menschlich bewegenden Finales, in den Nuancen zwischendurch trifft er aber nicht immer den richtigen Ton.

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Le concert