Ars Electronica startet

Utopien und Kunstprojekte

Bis zum 11. September steht die Ars Electronica, das Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft, ganz im Zeichen des Mottos "Repair". Es geht um Utopien und Kunstprojekte, die sich sozusagen der Reparatur der Welt verschrieben haben.

Mittagsjournal, 02.09.2010

Angesichts der Finanzwirtschaftskrise und der Ölpest im Golf von Mexiko stellt sich die Ars Electronica heuer die Frage "Sind wir noch zu retten?".

Eine ORF-Dokumentation mit dem Titel "Global Eden" portraitiert drei Preisträger des Prix Ars Electronica, die in diesem Sinne über das Internet und in Form von digitalen Gemeinschaften für mehr soziale Gerechtigkeit kämpfen.

Goldene Nica an Chaos Computer Club

Das Internet als unendlicher Raum für Redefreiheit und Revolutionäres Gedankengut: Seit 2004 würdigt der Prix Ars Electronica in der Kategorie Digital Communities jene Gruppen im Netz, die das World Wide Web nutzen, um die Welt zu verbessern.

Die Goldene Nica geht heuer an den Deutschen Chaos Computer Club. 1981 in Berlin gegründet, kämpft der Hacker Verein gegen biometrische Datenerfassung, den Einsatz von Wahlcomputern und das Sammeln von persönlichen Daten durch den Staat.

Kampf gegen Wahlcomputer

Das Netzwerk der rund 3.000 Mitglieder erstreckt sich über die gesamte Bunderepublik. Im Vereinsmagazin "Datenschleuder" werden Forschungsberichte zum Thema Internet-Sicherheit publiziert und Internet-Experimente auf der vereinseigenen Homepage als Video gepostet.

Eine solche Videokampagne führte 2009 auch zum bundesverfassungsgerichtlichen Verbot von Wahlcomputern in Deutschland. In weniger als 60 Sekunden manipulierten Mitglieder des CCC die staatlich zugelassenen Geräte, und demonstrierten so "Wahlbetrug leicht gemacht".

Der Staat zog die Konsequenz; Demokratie bleibt auch weiterhin in Menschenhand.

Ehrenpreis für Uni Brennt

Einen Award of Distinction, also einen Ehrenpreis, gibt es für die Österreichische Studentenbewegung Uni Brennt. Im Oktober 2009 nehmen junge Männer und Frauen aus Österreich Bildungspolitik in die eigene Hand. Ihre Waffen: Das Web 2.0. Mittels sozialen Internetplattformen wie Facebook, Twitter, Flickr und Co werden die Massen mobilisiert; Hörsaal-Besetzung koordiniert und Protestmärschen organisiert.

Es sind die größten Studierendenproteste seit den 1960er Jahren. Die Generation Praktikum, die als angepasst und unpolitisch abgestempelt wird, formiert und organisiert sich über das Internet; postet und bloggd politische Forderungen nach mehr Geld für Forschung und Lehre und Studieren ohne Zugangsbeschränkungen. Dazu Wolfgang Weber, UniBrennt Aktivist und somit Prix-Preisträger: "Die Message war, dass jeder Teil einer mündigen Zivilgesellschaft sein kann, und sei es nur, indem er Facebook und Twitter nutzt, um die Bewegung zu unterstützen. Egal ob vom Schreibtisch im Büro aus, oder als Besetzer im Hörsaal – wir haben Politik gemacht!"

Slum-Vermessung

Ein weiterer Award of Distinction geht an das afrikanische Projekt Map Kibera. In einer Randzone Nairobis, Kenias Hauptstadt, lebt eine Million Menschen im politischen Niemandsland. Die Infrastruktur des Slums Kibera ist auf keiner Karte verzeichnet. Die genauen Standorte von Krankenhäusern, Schulen und Wasserstellen unbekannt. Unmöglich also, Straßenzüge zu entwerfen die neuralgische Punkte wie Hüttendörfer, Schulen und Wasserstellen verbindet, oder internationale Hilfe effizient zu koordinieren.

Die beiden Amerikaner Erica Hagen und Mikel Maron beginnen 2009 mit 13 jungen Slum Bewohnern, Kibera mit GPS Geräten zu vermessen. Zu sehen ist der digitale Stadtplan auf der Internetseite OpenStreetMap.

Unsichtbar für die eigene Regierung, nützen die Mitglieder des Map-Kibera-Projekts das Internet, um ihre Lebensumstände sichtbar zu machen. Digital Communities beginnen ihre Revolution im World Wide Web und verändern damit die reale Welt.

Service

Global Eden, Dienstag, 7. September 2010, 23:55 Uhr, ORF 2

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