Ängste und Sorgen von Arbeitslosen

Location: Jobcenter

Knapp 220.000 Arbeitslose gibt es derzeit in Österreich. Wie ein Leben in der Erwerbslosigkeit aussieht, beleuchtet der Film "Jobcenter" von Angela Summereder, der am Freitag in die heimischen Kinos kommt und bei der Diagonale ausgezeichnet wurde.

Kultur aktuell, 21.09.2010

Motivation und Orientierungslosigkeit

Ein Jobcenter im oberösterreichischen Ried ist Ausgangspunkt des Films. Hier wird versucht, Arbeitslose raschestmöglich zurück in die Erwerbstätigkeit zu führen. Angela Summereder wollte diesen Prozess aus ganz verschiedenen Perspektiven zeigen.

"Ich wollte Leute am Ende des Arbeitslebens zeigen und solche, die davor stehen. Dann wollte ich bei den Jüngeren eine Mischung von Leuten, die versuchen, den Anforderungen auf jeden Fall zu entsprechen, und jenen, die es vielleicht ein bisschen locker nehmen", sagt sie.

Dass der Druck der Leistungsgesellschaft nicht nur zu Arbeitslosigkeit, sondern auch zu Orientierungslosigkeit führen kann, zeigt "Jobcenter" auf beklemmende Weise. In anderen Fällen hat der Verlust des Arbeitsplatzes die Möglichkeit zu einem Neustart gebracht.

Ein ehemaliger Bäcker erzählt im Film, wie er zu seiner neuen Tätigkeit im Gesundheitsbereich gekommen ist: "Die Tätigkeit - zum Beispiel vom Teigkneten - ist ähnlich wie Massage, sag' ich jetzt einmal. Es hat mir damals schon gefallen, und es gefällt mir auch heute noch. Nicht nur das Kneten, sondern auch, dass ich den Leuten helfe. Beim Bäcker war ich ja eigentlich nie unter Leuten."

Recherche von innen

Angela Summereder konnte für ihren Film auf jahrelange Erfahrung zurückgreifen. Ihre Hauptdarsteller lernte sie während ihrer Tätigkeit beim Arbeitsmarktservice kennen - sie war also gleichzeitig Trainerin und Regisseurin.

"In der Mitte des Filmes habe ich gemerkt, dass ich kündigen muss - die Doppelrolle war ungünstig, es brauchte eine klarere Position. Dann habe ich den letzten Teil des Filmes als Außenstehende gemacht", erzählt sie.

Im Jobcenter werden die Klienten nicht nur neu motiviert, sondern auch ganz praktisch beim Prozess der Arbeitsfindung begleitet. Hilfe gibt es beim Abfassen der Bewerbungsschreiben, in Rollenspielen werden aber auch die Bewerbungsgespräche selbst erprobt, um Eloquenz und Spontaneität zu schulen.

Schwerpunkt Landleben

Dass die Protagonisten im Film vom Land kommen, hat triftige Gründe. Am Land arbeitslos zu sein, meint Angela Summereder, bedeute durch die Enge der dörflichen Atmosphäre ein noch viel größeres Ausgesetztsein.

Sie begründet das folgendermaßen: "Am Land ist es so, dass bald einmal alle wissen, wenn man arbeitslos ist. Viele versuchen das zu verbergen, indem sie aus dem Haus gehen und so tun als würden sie in die Arbeit gehen. In der Stadt verschwindet das irgendwie in der Anonymität und es gibt mehr Möglichkeiten, sich irgendwo einzubringen."

Angela Summereder verzichtet in "Jobcenter" auf jeglichen Kommentar. Stattdessen lässt sie ihre Protagonisten für sich sprechen. Damit ist schon viel gewonnen, spielt der Arbeitslose in den Medien doch meist nur als Prozentzahl eine Rolle.

Textfassung: Sabine Töfferl