Klaustrophobisches von Rodrigo Cortés

Lebendig begraben

Einen Wettlauf gegen die Zeit und nicht zuletzt gegen den Akku seines Handys muss ein Mann im Irak aufnehmen. Sein Problem: Er wurde lebendig begraben. "Buried - Lebend begraben" nennt der spanische Regisseur Rodrigo Cortés seinen Film.

Der Film, der ausschließlich unter der Erdoberfläche spielt, versetzt damit nicht nur das Opfer, sondern auch den Kinozuseher in Anspannung. In der einzigen Rolle dieses Films ist der kanadische Schauspieler Ryan Reynolds zu sehen.

Kultur aktuell, 03.11.2010

Die Sache geht an existenzielle Grenzen: Ein Mann liegt in einer sargähnlichen Kiste, 180 mal 60 mal 50 Zentimeter, eineinhalb Meter unter der Erde, lebendig begraben. Ein Feuerzeug, ein paar Streichhölzer, einen Kugelschreiber und etwas Wasser hat man ihm in sein Grab mitgegeben, und vor allem ein Handy, mit dem er mit der Außenwelt kommunizieren kann.

Der extreme Freiheitsverlust aktiviert menschliche Urängste. Geschickt nutzt der spanische Regisseur Rodrigo Cortés die Zwangssituation, um eine mit dem Kinozuseher selten intensive Bindung herzustellen: "Was würde ich an dieser Stelle tun, lautet die entscheidende Frage", meint Hauptdarsteller Ryan Reynolds.

Psychoterror der Entführer

Der Mann im Grab ist LKW-Fahrer bei einem humanitären Hilfskonvoi im Irak. Er wurde entführt, Lösegeldforderungen werden gestellt. Konsequent bleibt die Kamera unter der Erde, rund eineinhalb Stunden, viel Zeit, doch Regisseur Cortés hat sich einiges einfallen lassen, um die Spannung aufrecht zu erhalten, etwa stets neue Bedrohungen, vom Psychoterror der Entführer via Handy bis zu einer Schlange, die sich den Weg durch die Kiste bahnt.

Schärfung des Hörsinns

In diesem klaustrophobischen Kontext verändern sich konventionelle Bedeutungsmuster: Gelangt man als Anrufer an eine Mailbox, ist das normalerweise keine Tragödie, im Fall das lebendig Begrabenen auf der verzweifelten Suche nach Hilfe aber ein halbes Todesurteil, und wie erklärt man bei einem Notruf den Ernst der Lage?

Die Reduktion der visuellen Eindrücke schärft nicht zuletzt den Hörsinn - für das Atmen, das Kratzen eines Kugelschreibers, das Klicken eines Feuerzeugs. "Buried - Lebend begraben" spielt nicht nur mit den Wahrnehmungs-, sondern auch den Raumverhältnissen im Kino. Der radikal verengte reale Raum öffnet einen weiten filmischen, und nicht zuletzt psychischen Vorstellungsraum des Kinozusehers. Der Begriff des Kammerspiels erhält so in jedem Fall eine neue Interpretation.