Migrant Mainstreaming und nicht mehr Geld
Wiener Kultur in Rot-Grün
Die rot-grüne Koalition in Wien bringt für die Kulturpolitik keine großen Umwälzungen. Andreas Mailath-Pokorny bleibt wie erwartet Kulturstadtrat - er übt das Amt schon seit 2001 aus. Das Kapitel Kultur im Wiener Regierungsübereinkommen hat er mit Marie Ringler, der Noch-Kultursprecherin der Grünen verhandelt.
8. April 2017, 21:58
Sie wird sich aus der Politik zurückziehen, stand uns aber noch zur Verfügung, um gemeinsam mit dem Kulturstadtrat die Kulturvorhaben der neuen Stadtregierung zu erläutern.
Kulturjournal, 16.11.2010
Dorothee Frank im Gespräch mit Andreas Mailath-Pokorny und Marie Ringler
Keine großen neuen Weichenstellungen
Revolutionen sind nicht zu erwarten von der rot-grünen Kulturpolitik. Die grüne Kultursprecherin Marie Ringler hat keine großen neuen Weichenstellungen ausverhandelt. Eher schon kleine Adaptionen, die Kulturstadtrat Mailath-Pokorny zum Teil bereits angedacht hatte. Am ehesten fällt noch auf, dass als erster Kulturpassus im Regierungsübereinkommen "Interkulturalität und Migrant Mainstreaming" proklamiert wird; also systematische Gleichstellungspolitik für Migranten und Migrantinnen.
Kultur aktuell, 16.11.2010
Migrant Mainstreaming
"Wien ist ja eine Stadt, in der fast 30 Prozent Menschen leben, die einen migrantischen Hintergrund haben. In unseren Gesprächen mit der SPÖ haben wir festgestellt, dass wir beide der Meinung sind, dass es hier mehr braucht", erklärt Marie Ringler. In der Praxis soll sich das laut Mailath-Pokorny unter anderem so abspielen: "Wir wollen darauf schauen, dass bei Kulturförderungen künftighin das Migrant Mainstreaming auch eine Förderbedingung ist. Jemand, der um eine Förderung einkommt, muss nachweisen, dass er sich dieses Themas annimmt. Beispielsweise , dass sich ein Theater um das Thema Integration bemüht".
Und: Es sollen mehr Personen mit Migrationshintergrund in Kulturinstitutionen, auch in Leitungsfunktionen, vertreten sein. Außerdem soll es einen Beauftragten für all diese Agenden in der Kulturverwaltung geben. Schon vor einigen Jahren hatte das Kulturamt zu dem Thema eine Studie in Auftrag gegeben; deren Autoren schlugen die Einrichtung von Kulturzentren in Wiener Bezirken mit hohem Migrant/innenanteil vor.
Im Koalitionspapier ist etwas bescheidener von einem so genannten postmigrantischen Kulturraum die Rede. "Das klingt jetzt ein bisschen gespreizt. Aber - einen Kulturraum, wo wir zeigen, dass es in Wien mittlerweile so viel Kultur mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlicher Herkunft gibt, dass es auch eines Platzes bedarf, wo man das zeigen kann", sagt Ringler.
Einsparungen bei den Vereinigten Bühnen?
Nur: viel mehr Geld in den Bereich zu stecken, das ist nicht geplant. Überhaupt wird sich an der Verteilung der Fördermittel nichts groß ändern - diesbezüglich ist eine wie auch immer geartete grüne Handschrift im Koalitionspapier nicht zu erkennen. Bis auf den Umstand, dass bei den Vereinigten Bühnen Wien, speziell beim Musical, mittelfristig Einsparungs- und Synergiepotentiale genutzt werden sollen. Die Grünen hatten sich in der Oppositionsrolle mehrfach auf die fast 40 Millionen pro Jahr für die Vereinigten Bühnen eingeschossen. Das sind immerhin etwa 20 Prozent des gesamten Wiener Kulturbudgets. Dieses wird 2011 zum ersten Mal seit Jahren nicht erhöht - es bleibt gleich mit etwa 232 Millionen Euro. Nicht-Valorisierung bedeutet in der Praxis: Minderung um die Inflationsrate - ganz wie beim Bundes- Kulturbudget für das nächste Jahr.
Fixiert im Regierungsübereinkommen ist der Neubau des Wien-Museums. Ob am Karlsplatz oder anderswo, bleibt nach wie vor zu klären.