"Ich habe nichts zu sagen und ich sage es"

Zur Person: Ernst Jandl

Das Wienmuseum widmete dem populärsten Lyriker nach 1945 zum zehnten Todestag im Jahr 2010 eine "Show", um seinem multimedialen Talent gerecht zu werden.

Ernst Jandl

"Viele, die hier in Österreich an den Schalthebeln der Literatur saßen, waren strikte gegen diese Art der Literatur."

Berühmt wurde Jandl mit seinen Laut- und Sprechgedichten, immer wieder aber überschritt er die Grenzen zwischen Poesie, Performance, Musik und Bildender Kunst, zwischen Wort, Ton, Musik und Bild.

Jandl zeichnete und seine Gedichte sind immer auch Schrift-Bilder und selbst seine Zettel - Jandl war ein manischer Listenverfasser für alles und jedes - haben eine formale Dimension und finden ihre Entsprechung in seiner Dichtung, wie Wolfgang Kos, Direktor des Wien Museums im Katalog zur Ausstellung hervorhebt.

Und das alles gegen das widrige Wiener Kulturklima der Nachkriegszeit.

1958 schrieb das Mitglied der Darmstädter Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der Literaturkritiker, Übersetzer, Herausgeber und Cheflektor Walter Boehlich, namens des Suhrkamp Verlages an Ernst Jandl: "Wir erlauben uns, Ihnen Ihre Gedichte wieder zurückzuschicken, da wir uns außer Stande sehen, in diesen puren Wortspielereien irgend einen lyrischen Gehalt zu entdecken. Man kann vieles als Gedicht bezeichnen, diese Stücke aber ganz gewiss nicht".

Und acht Jahre später lehnte Suhrkamp-Verleger Siegfried Unseld die Publikation der Gedichte Jandls mit dem Hinweis ab, Jandl sei "der traurige Fall eines Lyrikers ohne eigene Sprache". 1984 sitzt Unseld (unmittelbar neben seiner Suhrkamp-Autorin Friederike Mayröcker) in der ersten Reihe der Frankfurter Poetik-Vorlesungen. Auf dem Podium Jandl: "Ja, ich bin ein Lyriker ohne eigene Sprache, denn diese Sprache, die deutsche, wie jede andere übrigens, gehört nicht dem Lyriker, nicht dem Dichter, nicht dem Schriftsteller, sondern allen, die in dieser und jener, jeglicher, Sprache leben."