Erste Einzelausstellung für Moussa Kone

Der Künstler und sein Publikum

Ein Geheimtipp ist der junge Zeichner Moussa Kone, der am 25. November 2010 seine allererste Einzelausstellung in einer Galerie eröffnet, in der Galerie Charim in Wien. Bis vor Kurzem hat der 32-jährige Niederösterreicher in Berlin gelebt, um nun, nach mehrmonatiger intensiver Zeichenarbeit, seine neusten Arbeiten zu präsentieren.

Unter dem Titel "Places to recall" reflektiert Kone das Verhältnis des Künstlers zu seinem Publikum. Da geht es um das Spannungsfeld von Abgrenzung und Anpassung, von Individualität und Uniformität, von Privatsphäre und Öffentlichkeit. Übrigens: Moussa Kone ist ein Künstlername, der Zeichner ist ein blonder, blauäugiger junger Mann und nicht so exotisch aussehend, wie der Name vermuten lassen würde. Woher er diesen Namen hat, will er auf keinen Fall verraten.

Kulturjournal, 24.11.2010

Ein Mann steht verloren auf einer Bühne. Die Hosen runtergelassen, blickt er hilflos auf sein Publikum, das als gesichtslose Masse erscheint. Auf der Bühne gibt es mehrere Souffleurboxen, die alle leer sind. Das heißt, es gibt keine Stimme, die jetzt gerade in diesem Moment weiter helfen könnte. Da taucht natürlich die Frage auf: Kann man solchen Stimmen überhaupt vertrauen oder muss man sich selbst durch Improvisieren helfen, wenn man nicht mehr weiter weiß, sagt Moussa Kone, der mit dieser Schwarz-Weiß-Zeichnung das Verhältnis des Künstlers zu seinem Publikum da auf den Punkt bringt. Man gibt Sachen von sich preis in den Arbeiten und überlegt, wie man seine Ideen dem Publikum vermitteln kann, so Kone.

Gegensätze gegenüber gestellt

Welche Rolle hat der Künstler zu spielen? Kann er die Erwartungen erfüllen? Oder: Ist das ganze Leben eine Bühne? Diese Frage stellt Moussa Kone auch in einer Zeichnung, in der man eine männliche Figur - in der Mitte des Bildes phallusartig aufgestellt - kurz vor der Aufführung durch den noch geschlossenen Vorhang aufs Publikum blicken sieht. Dort, wo er den Vorhang vorsichtig mit den Armen aufzieht, um den Kopf durchzustecken, blitzt eine feuerrote Öffnung hervor - eine Anspielung auf das weibliche Geschlechtsorgan. Auf diese und andere Weise geht es Moussa Kone immer darum, gegensätzliche Dinge einander gegenüber zu stellen: Mann/Frau, Mensch/Tier, Kultur/Natur oder eben um die Konfrontation einer einzelnen kleinen Figur mit einer unbezwingbaren Masse. Er versuche, die beiden in eine Art Spannungszustand zueinander zu versetzen, sagt Kone.

Diese Figuren befinden sich am Übergang von einem Zustand in den anderen. In sehr fein formulierten Zeichnungen, die unglaublich detailgetreu sind. In Tausenden winzigen Tuschestrichen reflektiert Moussa Kone dabei auch immer gleich über das Zeichnen selbst: Wie wird der Leerraum definiert, durch die Striche rundherum?

"Bei den meisten Bildern gibt es irgendwelche Bruchstücke, irgendwelche Linien, an denen es nicht zu Ende gezeichnet wurde, weil es immer quasi ein offenes System bleiben soll. Es soll nie ein Abbild sein." Es soll die Konstruktion des Bildes noch ersichtlich bleiben, so Kone.

Poetische Bilder

Nur sehr sparsam werden diesen Zeichnungen mit Aquarellfarben leuchtende Akzente verliehen; dann entstehen aber gleich betörende Wellenmeere, in denen träumende Figuren schwimmen, oder Himmelswolkenmuster, die unglaublich poetisch sind. Es sind Motive, zu denen sich Moussa Kone von mittelalterlichen Schriften aus Europa oder Indien inspirieren lässt. Angesichts dieser liebevollen Detailarbeit ist es eigentlich überraschend, dass Moussa Kone im Durchschnitt nur eine Woche für ein Bild im Format 70 mal 100 braucht.

Die Bilder von Moussa Kone sind sehr vielschichtig zu lesen. Sie sind technisch perfekt und aufwändig gemacht, konzeptionell stringent, philosophisch anspruchsvoll und kommen dabei leichtfüßig daher, wie eine Ballerina beim Spitzentanz. Außerdem sind sie mit ihren Himmelsmustern und Sternschnuppen betörend poetisch. Den Namen Moussa Kone wird man sich merken müssen.

Textfassung: Ruth Halle