Ausfuhrverbot gegen Exekutionsmedikament?

Italien will US-Hinrichtungen verhindern

Italienische Gerichte oder auch das Parlament in Rom könnten verhindern, dass in den USA die Todesstrafe vollstreckt werden kann. Der Grund: Ein Medikament, das in den USA für die Hinrichtungen verwendet wird, wird nur mehr in Italien hergestellt. Jetzt gibt es eine politische Initiative, ein Exportverbot für das Medikament zu erlassen.

Morgenjournal, 03.12.2010

Lieferung soll blockiert werden

Es geht um das Narkosemittel Sodium Thiopental. Dieses Mittel wird bei allen Exekutionen in den USA verwendet. Allerdings wird es in den USA nicht mehr hergestellt, weil es als Narkosemittel im medizinischen Einsatz nur mehr in Europa verwendet wird. Deshalb ist die einzige Produktionsanlage bei einer Firma in der Nähe von Mailand. Verschiedene US-Gefängnisverwaltungen versuchen schon seit Monaten, Nachschub des Medikaments zu bekommen. Aber die Herstellung ist kompliziert – und deshalb ist frühester Liefertermin Anfang kommenden Jahres. Das wollen mehrere Parteien in Italien aber verhindern.

Vergleich mit Auslieferung

Die Parteien stützen sich auf ein Urteil des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 2005. Damals wurde die Auslieferung eines des Mordes Beschuldigten in die USA verboten, weil ihm in Florida die Todesstrafe droht. Und die Verfassung verbietet jede Mitwirkung bei der Todesstrafe – auch die indirekte, so Elisabetta Zamparutti, Abgeordnete der Partito Radicale: "Wir sind heute in einer Situation wie damals, als der Verfassungsgerichtshof festgestellt hat, dass eine Person nicht ausgeliefert werden darf, wenn die Todesstrafe droht. Und es macht ja wohl keinen Unterschied, ob man eine Person ausliefert – oder Medikamente, die dazu verwendet werden, die tödliche Injektion zu geben."

Änderungen würden lange dauern

Es soll in den kommenden Tagen auch ein Initiativantrag ins Parlament eingebracht werden, durch den grundsätzlich verhindert wird, dass Medikamente zu einem anderen Zweck als dem zur Heilung von Menschen eingesetzt werden dürfen. Ist das nicht gewährleistet gibt’s ein Exportverbot. Wenn Italien jetzt handelt, dann könnten in den meisten US-Bundesstaaten Exekutionen für Jahre unmöglich sein, glaubt Sandra Babacock – sie vertritt zum Tode Verurteile in den USA: "In vielen Staaten würde es lange dauern, bis die Gesetze angepasst werden könnten. Denn es kann nicht einfach ein anderes Medikament eingesetzt werden – alles ist genau geregelt. Es müsste Expertenhearings geben, Gesetze müssten geändert werden. Das dauert Jahre. Und es würde auch viele Urteilsanfechtungen möglich machen, wenn andere Medikamente benutzt werden."

Wirksames Kampfmittel

Es ist auch nicht möglich, das Mittel in den USA herzustellen. Denn die Anlagen wurden alle abgebaut, neue zu errichten wäre kompliziert – und es würde sich nicht auszahlen. Denn außer für Hinrichtungen wird das Mittel in den USA ja nicht mehr eingesetzt. Und so sind schon mehrere Hinrichtungen aufgeschoben worden, weil kein Sodium Thiopental mehr vorhanden ist. Und nachdem Italien auch international immer an vorderster Front gegen die Todesstrafe kämpft, wird man diese Chance, tatsächlich etwas Konkretes tun zu können, wohl nutzen.

Übersicht