Gehen oder bleiben?

Von Menschen und Göttern

Der französische Film "Von Menschen und Göttern" setzt sich mit den Geschehnissen rund um die Morde an Trappisten-Mönchen in Algerien auseinander. Der Film wurde heuer in Cannes mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet.

Kultur aktuell, 15.12.2010

In der Nacht vom 26. zum 27. März 1996 entführte eine islamistische Terrorgruppe sieben französische Mönche aus einem Trappisten-Kloster im nordalgerischen Tibhirine. Ihre Köpfe wurden rund zwei Monate später gefunden, die Leichen blieben verschwunden. Die Morde wurden nie ganz aufgeklärt.

Nun setzt sich der französische Film "Von Menschen und Göttern", der heuer in Cannes mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde, vor allem mit den Zweifeln und Motiven im Verhalten der Mönche auseinander.

Der Gewalt beugen?

Soll man gehen oder soll man bleiben? Soll man sich der Gewalt beugen, oder ihr die Stirn bieten? Was bringt es, als Märtyrer zu sterben? Mit Fragen wie diesen mussten sich neun Mönche in einem algerischen Trappisten-Kloster im Jahr 1996 auseinandersetzen, als eine islamistische Terrorgruppe die Klosterinsassen bedrohte. Den Schutz der Armee lehnte der Klostervorsteher ab.

Regisseur Xavier Beauvois ist an den politischen Hintergründen der Ereignisse rund um die schließlich ermordeten Mönche nur wenig interessiert, auch nicht an den Verschwörungstheorien bei der Aufklärung des Verbrechens, Beauvois stellt die Erforschung der Motive für das Verhalten der Mönche in den Mittelpunkt, auch ihre Konflikte untereinander. "Mich hat vor allem die Persönlichkeiten dieser Männer interessiert", meint Beauvois, "also wer sie wirklich waren".

Glaube an die Humanität

Der der Ängstliche, der Entschlossene, der Zögernde, der Überzeugte, der Abgeklärte und Furchtlose, nach und nach arbeitet Beauvois verschiedene Charaktertypen heraus. Dass der Glaube in diesem Gewissenskonflikt eine wesentliche Rolle spielt, steht außer Zweifel, aber Beauvois vermeidet unpassende, weil allzu sentimentale Glaubensbekenntnisse, gemeinsame Gebete sind Kraftquellen ohne Verlogenheit vorgetragen, der Glaube ist hier vor allem ein Glaube an die Humanität.

Auch das Leben in Bescheidenheit schärft die Demut. Xavier Beauvois nimmt sich viel Zeit, um den Klosteralltag zu zeigen, den Anbau von Gemüse, Küchen- und Putzdienste, medizinischen Beistand für die Dorfbevölkerung. Ein ruhiger, unspektakulärer Bilderfluss passt sich dem Lebensrhythmus der Mönche an. Xavier Beauvois: "Wir leben in einer Gesellschaft, die immer mehr auf Schnelligkeit basiert, aber ich glaube, das Publikum meiner Filme ist so aufgeschlossen, dass ich mich diesem Trend zu schnellen Clips keinesfalls unterwerfen muss, zumal der Film auch eine sehr kontemplative Welt zeigt."

Übergeordnete Gelassenheit

Der Film "Von Menschen und Göttern" hat auch mit der gegenwärtigen Islamdebatte eine zusätzliche Aktualität bekommen, doch der Gestus, der hier spürbar wird, verpflichtet sich vor allem einer übergeordneten Gelassenheit. Vorurteilen oder gar dem Schüren von Feindbildern geht der Film damit bewusst aus dem Weg.