2011 ist Jahr der Freiwilligen

Freiwillige sind unverzichtbar

Rund 92 Millionen EU-Bürger sind im freiwilligen Sektor aktiv - sie arbeiten ohne Bezahlung. In Österreich sind das 43 Prozent aller Bürger über 15 Jahre. Damit liegt Österreich im internationalen Vergleich gemeinsam mit den Niederlanden, Schweden und Großbritannien im Spitzenfeld.

Morgenjournal, 05.01.2011

Anselm Peer

425.000 Vollzeitarbeitsplätze

In Österreich leisten drei Millionen Menschen ehrenamtliche Arbeit - pro Woche kommen da mehr als 14 Millionen Stunden zusammen, das entspricht rund 425.000 Vollzeitarbeitsplätzen. Viele Organisationen könnten ohne Freiwillige nicht existieren, das Rote Kreuz, die weltweit größte humanitäre Freiwilligenorganisation, ist eine davon. Ehrenamtliche Arbeit ist unverzichtbar, sagt der Stellvertretende Generalsekretär des Roten Kreuzes, Werner Kerschbaum : "In Österreich würde nichts mehr funktionieren, keinen einzigen Tag, wenn alle Menschen, die in Österreich freiwillig tätig sind, nicht mehr mit ihrer Arbeitsleistung, ihrem Einsatz und ihrer Begeisterung zur Verfügung stehen."

Geschenkte Zeit

Müsste das Rote Kreuz seine freiwilligen Helfer in Österreich bezahlen, dann hätte das allein im Jahr 2009 220 Millionen Euro gekostet, sagt Werner Kerschbaum: "Man kann sagen, dass die Freiwilligen ihre Zeit oder diesen Betrag der österreichischen Bevölkerung oder dem österreichischen Gesundheitswesen schenken."

Das Spektrum der ehrenamtlichen Tätigkeiten ist groß: Im Kultur- und Freizeitbereich engagieren sich mit einer halben Million die meisten,
an zweiter Stelle steht der Sport, gefolgt vom kirchlichen Bereich und dem Katastrophenhilfe- und Rettungsdienst.

Zehn Mal mehr Freiwillige

Martina Prinz ist 27 Jahre alt und arbeitet seit zehn Jahren für das Rote Kreuz. Sie wollte sich so auf ihr Medizinstudium vorbereiten. "Ganz zu Beginn war die Motivation hauptsächlich Praxis zu sammeln, im Laufe der Zeit war es - das klingt vielleicht ein bisschen abgedroschen - schön, helfen zu können. So habe ich sehr früh mit dem Rettungsdienst angefangen, das hat mich sehr interessiert und fasziniert. Und daraus sind dann zehn Jahre geworden." Sie ist eine von mehr als 52.000 Freiwilligen beim Roten Kreuz - das sind fast zehn Mal mehr als die knapp 5.700 hauptberuflichen Mitarbeiter, von denen die meisten zusätzlich auch ehrenamtlich arbeiten. Im Schnitt arbeitet jeder Freiwillige vier Stunden pro Woche.

Ersatz für Zivildienst?

Neben den ehrenamtlichen Mitarbeitern helfen auch die Zivildiener beim Roten Kreuz mit. 13.000 sind es insgesamt in Österreich, fast jeder dritte Zivildiener leistet seinen Dienst beim Roten Kreuz. Sollte die Wehrpflicht, also auch der Zivildienst, wirklich abgeschafft werden, dann würde das eine große Lücke reißen, sagt Werner Kerschbaum. "Es ist keine verantwortungsbewusste Diskussion, ständig über die Abschaffung des Wehrdienstes zu diskutieren, wenn man nicht auch schon Ersatzkonzepte für den Zivildienst in der Schublade hat."

"Zeitspende" steuerlich absetzen

Freiwillige könnten die Arbeit der Zivildiener nicht ersetzen, da sie zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten, sagt Kerschbaum. Vom Jahr der Freiwilligen erwartet er sich, dass ehrenamtliche Arbeit mehr anerkannt wird. Er schlägt vor, dass so wie die Geldspende auch die Zeitspende steuerlich abgesetzt werden kann, außerdem solle ein Teil der Zeit, die man mit ehrenamtlicher Arbeit verbringt, auch als Versicherungsjahre angerechnet werden.