Massenkündigung aus Protest

Tschechien: Ärztemangel legt Spitäler lahm

Aus Protest gegen schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne haben zu Jahresende fast 4.000 Spitalsärzte die Kündigung eingereicht, ein Viertel aller tschechischen Krankenhausärzte. Viele Spitäler vor allem in ländlichen Regionen stehen nun vor dem Aus. Die Regierung in Prag spricht von "Strukturbereinigung".

Mittagsjournal, 05.01.2011

"Danke wir gehen"

Lange hatten sie es angedroht - nun haben sie Ernst gemacht: 3837 Spitalsärzte haben mit Jahresende ihre Kündigung eingereicht. Hunderte Überstunden und das bei schlechter Bezahlung, das wollten sie sich nicht mehr gefallen lassen. "Danke wir gehen" - so der Slogan der Ärztegewerkschaft, dem sich nun fast ein Viertel aller Spitalärzte in ganz Tschechien angeschlossen hat. Und es sind vor allem Spezialisten, wie Chirurgen und Anästhesisten, die nun den Hut nehmen. Besonders viele waren es in Mittelböhmen, wo den Spitälern nun mit einem Schlag 60 Prozent des ärztlichen Personals abhandenkommen. Im Krankenhaus in Jihlava (Iglau) in Mähren haben gar 108 von 150 Ärzten gekündigt, ähnlich schlimm die Lage in der Unfallklinik in Brünn.

Spitäler ringen um Ärzte

In vielen Krankenhäusern wurden Krisenstäbe eingerichtet, man versucht mit Umstrukturierungen und Straffung von Dienstplänen das Problem in den Griff zu bekommen. Manche Krankenhausverwaltungen versuchen auch mit Sonderregegelungen, den ein oder anderen Arzt doch noch zum Bleiben zu überreden. So werden z.B. auch Sponsoren gesucht, neue Zusammenarbeitsmöglichkeiten zwischen Spitälern und Wirtschaft, um zu Geldern zu kommen und die Ärzte doch noch halten zu können.
Wie hier Lösungen aussehen können, bleibt dem kreativen Verhandlungsgeschick einzelner Spitalsdirektoren überlassen.

"Kein Geld für Lohnerhöhungen"

Von der Mitte-Rechts-Regierung in Prag jedenfalls können die Spitäler keine Unterstützung erwarten. Premier Petr Necas hat klar gemacht: Es wird gespart: "Das Gesundheitsministerium hat keine Finanzmittel für Lohnerhöhungen für irgendwelche Gruppen", so ein Regierungssprecher.
Gesundheitsminister Leos Heger gibt sich äußerst pragmatisch: "Es wird sich letztlich so lösen, dass die Krankenhäuser effektiver werden. Und wenn irgendwo wirklich zu wenig Personal ist und die Arbeit zu risikoreich wird, dann müssen die Abteilungen bzw. Spitäler geschlossen werden. Die übrigen Ärzte werden auf andere Krankenhäuser dann verteilt."
Manche kleinen Spitäler, wo Ärzte fehlen, können auch zu Pflegeanstalten umgebaut werden, lautet ein weiterer Regierungsvorschlag.

Weniger Ärzte, weniger Ausgaben

Auf jeden Fall werden Spitäler, die nun weniger Ärzte haben, von der Regierung weniger Geld bekommen, kündigt der Gesundheitsminister an. Die haben ja nun weniger Ausgaben. Die damit freigewordenen Finanzmittel würden dann andere Spitäler erhalten, so Heger. Der Regierung in Prag scheint jedenfalls die Massenkündigung der Ärzte keine schlaflosen Nächte zu kosten, im Gegenteil, sie dürfte ihr gar nicht ungelegen kommen. Die vielfach angekündigte Strukturbereinigung im Gesundheitssektor scheint sich da wie von alleine zu erledigen. "Letztlich können die Kündigungen zur Sanierung des Krankenhausbetriebs beitragen", bringt es der Landeshauptmann von Mittelböhmen gar auf den Punkt.

Und was passiert mit den fast 4000 Ärzten, die gekündigt haben? Die einen werden versuchen sich selbstständig zu machen, die anderen werden ihr Glück im Ausland versuchen, und einige werden wohl versuchen müssen, doch wieder in einem Spital zu arbeiten, möglicherweise unter noch schlechteren Bedingungen als jetzt.